Therapie der Akne

Seit 1995 in dieser Zeitschrift das letzte Mal ausführlich über die Akne-Therapie berichtet wurde,(1) hat sich nicht sehr viel geändert. Im Folgenden werden neuere Texte – in erster Linie aus dem «Medical Letter on Drugs and Therapeutics»(2) sowie aus «Best Practice»(3) – zusammengefasst und mit einigen für die Schweiz spezifischen Informationen ergänzt.

Die Pathogenese der Akne beruht wesentlich auf vier Mechanismen:

· Vermehrte Talgproduktion

· Verstärkte follikuläre Verhornung

· Besiedelung mit Propionibacterium acnes (P. acnes)

· Freisetzung von Entzündungsmediatoren

Die Rolle von P. acnes ist noch nicht definitiv geklärt; das Bakterium kann entzündliche Reaktionen auslösen, wobei die Keratinozyten und Talgdrüsen beteiligt sind. Beeinflusst werden diese Vorgänge in erster Linie durch die hormonalen Veränderungen in der Pubertät, aber auch durch Stress, Kosmetika, Sonnenschutzmittel, die Menstruation und verschiedene Medikamente (z.B. Kortikosteroide, Neuroleptika).

Es ist praktisch, die Therapiewahl auf die unterschiedliche Ausprägung der Akne auszurichten (siehe Tabelle 1). Leichte Formen können oft gut mit lokal wirksamen Mitteln behandelt werden; schwere Formen erfordern meistens eine systemische Behandlung. Allgemein ist zu beachten, dass es zu Beginn der Therapie zu einer Verschlechterung kommen kann. Eine Beurteilung des Behandlungserfolgs sollte erst nach etwa drei Monaten erfolgenTabellarische Übersichten zu den in der Schweiz erhältlichen Akne-Medikamenten finden sich im Internet (Tabellen i1, i2).

Lokale Behandlung

Die lokale Behandlung eignet sich in erster Linie für leichte bis mittelschwere Formen der Akne.

Gängige Akne-Kosmetika enthalten oft Salicylsäure, ein gut verträgliches Keratolytikum. Salicylsäure kann allein oder in Kombination mit anderen Mitteln verwendet werden.

Benzoylperoxid (z.B. in Lubexyl®) ist ein Oxidationsmittel mit antibakterieller und leicht keratolytischer Wirkung. Bekannte Nebenwirkungen sind eine Hautreizung, das Bleichen von Hautstellen oder Kleidern sowie selten eine Kontaktdermatitis.Sowohl mit Salicylsäure- als auch mit Benzoylperoxid-haltigen Mitteln sind Einzelfälle von schweren systemischen Überempfindlichkeitsreaktionen (z.T. Anaphylaxie) beobachtet worden.(4)

Azelainsäure (Skinoren®) hemmt die Keratinbildung und wirkt antibakteriell und entzündungshemmend. Es ist weniger hautreizend als Benzoylperoxid. Eine Hypopigmentation kann vor allem bei dunklem Hauttyp auftreten.

Die lokal angewandten Antibiotika Clindamycin (Dalacin® T) und Erythromycin (z.B. Akne-Mycin®) haben antibakterielle und entzündungshemmende Eigenschaften. Sie reizen die Haut weniger als lokale Retinoide. Wegen der Gefahr der Resistenzentwicklung sollte jedoch gleichzeitig Benzoylperoxid oder ein Retinoid lokal verwendet werden.(5)

Retinoide wie Tretinoin (Airol®), Isotretinoin (Roaccutan® Gel), Adapalen (Differin®) und Tazaroten (in der Schweiz nicht erhältlich) sind die bevorzugte Wahl zur Erstbehandlung und Erhaltungstherapie einer wenig bis moderat ausgeprägten Akne. Retinoide wirken keratolytisch und entzündungshemmend. Sie können allein oder kombiniert mit Antibiotika angewandt werden. Die Kombination mit einem lokal applizierten Antibiotikum ist einer alleinigen Therapie mit Retinoiden überlegen. Das oxidativ wirkende Benzoylperoxid vermindert die Wirksamkeit von Tretinoin und sollte deshalb nicht zur selben Tageszeit aufgetragen werden. Da Tretinoin photolabil ist, sollte es abends oder zweimal täglich benutzt werden. Lokale Hautnebenwirkungen wie Trockenheit, Schuppung, Lichtempfindlichkeit, Rötung, Brennen und Juckreiz sind zu erwarten und hängen von der Anwendungshäufigkeit, der Dosierung und teilweise vom einzelnen Präparat ab. Retinoide sind teratogen; in der Schwangerschaft gilt auch die lokale Anwendung als kontraindiziert.

In der Schweiz sind auch kombinierte Lokalpräparate erhältlich: Clindamycin + Benzoylperoxid (Duac®), Clindamycin + Tretinoin (Acnatac®), Adapalen + Benzoylperoxid (Epiduo®).

Systemische Behandlung

Eine orale Behandlung kommt besonders bei ausgeprägten Symptomen und manchmal auch bei mittelschwerer Akne in Betracht.

Orale Antibiotika 

Tetrazykline (Doxycyclin, z.B. Vibramycin®Akne; Minocyclin, z.B. Minac®) und Erythromycin (Erythrocin®) haben neben antibakteriellen wahrscheinlich auch entzündungshemmende Eigenschaften. Eine Antibiotikaeinnahme über Monate begünstigt aber die Entwicklung resistenter Keime und das Auftreten von Nebenwirkungen. Deshalb sollte diese Therapie zeitlich beschränkt werden und möglichst nicht länger als drei Monate dauern.(6) Zudem soll auch die Therapie mit lokalen Retinoiden oder mit Benzoylperoxid (zur Verminderung der Resistenzbildung von P. acnes) weitergeführt werden.(5) Schliesslich ist auch die Frage, ob systemisch verabreichte Antibiotika einer adäquaten lokalen Behandlung überlegen sind, nicht mit Sicherheit zu beantworten.(7)

Erythromycin ist hinsichtlich der unerwünschten Wirkungen und Interaktionen problematisch; aber auch die Tetrazykline können Magen-Darm-Beschwerden und Allergien hervorrufen. Tetrazykline können eine Photosensibilisierung verursachen. Minocyclin kann zu vestibulären Störungen führen, die Spermatogenese beeinträchtigen und (selten) gefährliche Autoimmunreaktionen (Hepatitis, eosinophiles Lungeninfiltrat, Lupus-Syndrom) verursachen.(8) Tetrazykline sind bei Schwangeren und bei Kindern unter 12 Jahren kontraindiziert. Gesamthaft ist bei Akne Doxycyclin wohl das Antibiotikum mit den geringsten Risiken.

Orale Kontrazeptiva

Frauen mit mittelschwerer bis schwerer Akne können allenfalls von kombinierten oralen Kontrazeptiva profitieren. Östrogene hemmen die Androgenwirkung und verringern die Talgproduktion. Ob Kontrazeptiva mit spezifisch antiandrogenen Gestagenen (z.B. Cyproteronacetat in Diane®35) bei Akne besser wirken als z.B. solche mit Levonorgestrel, ist nicht gesichert.(9) Cyproteronacetat wie auch Drospirenon (z.B. in Yasmin®) und Desogestrel (z.B. in Marvelon®) und Gestoden (z.B. in Mirelle®) weisen aber ein höheres Risiko für thromboembolische Ereignisse als Levonorgestrel auf.(10) Kombinationen von Ethinylestradiol und Levonorgestrel sind deshalb vorzuziehen. 

Spironolacton

Spironolacton (Aldactone®), ein Aldosteron-Rezeptorantagonist, hat ebenfalls eine antiandrogene Wirkung und vermindert die Talgproduktion. Seine Wirksamkeit bei Frauen mit Akne ist in einigen kleineren Studien dokumentiert worden;(5) offiziell ist es bei Akne jedoch nicht zugelassen. Es kann allenfalls eingesetzt werden, wenn die üblichen Mittel versagen. Spironolacton kann verschiedene Nebenwirkungen (Hyperkaliämie, irreguläre Menstruation u.a.) und Interaktionen verursachen. Es ist im Tierversuch teratogen und soll in der Schwangerschaft vermieden werden.

Isotretinoin

Orales Isotretinoin ist das wirksamste Medikament zur Behandlung einer schweren Akne; meistens kann damit eine bleibende Besserung erreicht werden. Isotretinoin ist ein Derivat von Vitamin A; es führt zu einer Abnahme der Talgproduktion und der Zahl von P. acnes sowie zu einer Normalisierung der follikulären Verhornung. Es hat auch eine entzündungshemmende Wirkung. Eine orale Behandlung mit Isotretinoin ist jedoch mit zahlreichen möglichen Problemen verbunden (siehe Tabelle 2). Gegenüber der üblicherweise empfohlenen Dosierung (0,5 bis 1 mg/kg täglich) lässt sich mindestens bei einem Teil der Behandelten auch mit einer niedrigen fixen Dosierung (10 bis 20 mg/Tag) eine befriedigende Besserung erreichen.(5) Diese niedrige Dosis verursacht weniger unerwünschte Wirkungen. Generell wird angenommen, mit einer kumulativen Gesamtdosis von 120 bis 150 mg/kg werde auch Akne-Rezidiven wirksam vorgebeugt.

Besonders wichtig ist es, eine Schwangerschaft unter Isotretinoin zu vermeiden, da das Medikament teratogen ist. Während und bis 4 Wochen nach einer Isotretinoin-Therapie ist eine zuverlässige Kontrazeption (möglichst mit zwei Methoden) zwingend. Personen (auch Männer), die mit Isotretinoin behandelt werden, dürfen bis 1 Monat nach Abschluss dieser Therapie kein Blut spenden. 

Ausser den in der Tabelle 2 genannten Nebenwirkungen wird insbesondere über zwei weitere Isotretinoin-assoziierte Probleme diskutiert: Erstens könnte Isotretinoin mit einem erhöhten Risiko für Depressionen und Suizid verbunden sein. Neben Studien, die auf einen kausalen Zusammenhang schliessen lassen,(11) liegen auch solche vor, die zu einem gegenteiligen Schluss kommen.(12) Zweitens wurde vermutet, Isotretinoin könnte für entzündliche Darmerkrankungen mitverantwortlich sein. Dies ist jedoch aufgrund einer Meta-Analyse der verfügbaren Daten nicht der Fall.(13)

Phototherapie

Blaulicht, Infrarotlaser und photodynamische Therapie scheinen einen kurzfristigen Nutzen in der Aknetherapie zu haben. Der Stellenwert für die längerfristige Behandlung und der Vergleich zu herkömmlichen Akne-Medikamenten ist noch nicht bekannt.

Standpunkte und Meinungen

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Therapie der Akne (27. Januar 2017)
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pharma-kritik, 38/No. 10
PK1006
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