Ixekizumab

Ixekizumab (Taltz®) ist ein neuer Interleukin-Antagonist, der zur Behandlung der Plaque-Psoriasis verwendet werden kann.

Chemie/Pharmakologie

Wie Secukinumab (Cosentyx®) ist Ixekizumab ein humanisierter monoklonaler Antikörper, der sich an das Interleukin IL-17A bindet. Interleukin-Antagonisten werden heute als die wirksamste Behandlungsoption bei stark symptomatischer Plaque-Psoriasis angesehen. Im Handel ist ausserdem Ustekinumab (Stelara®), das sich an die Untereinheit p40 der Interleukine IL12 und IL23 bindet. Unter den Wirkstoffen, die bisher in der Schweiz nicht zugelassen sind, sind der IL17RA-Antagonist Brodalumab und die IL23-Antagonisten Tildrakizumab, Guselkumab und Risankizumab zu nennen.

Interleukine sind natürlich vorkommende Zytokine, welche die T-Helfer-Zellen aktivieren und deshalb bei der Proliferation der Keratinozyten eine wichtige Rolle spielen. Die Hemmung bestimmter Interleukine kann deshalb die Krankheitsaktivität einer Psoriasis reduzieren.

Pharmakokinetik

Nach einer einzelnen subkutanen Injektion von Ixekizumab werden etwa 4 Tage später maximale Plasmaspiegel erreicht. Die biologische Verfügbarkeit (nach subkutaner Injektion) liegt im Bereich von 80%; mit einer Injektion in den Oberschenkel wird eine höhere systemische Verfügbarkeit erreicht als bei der Injektion an anderen Körperstellen. Die Injektion von 80 mg Ixekizumab alle 4 Wochen (nach einer initialen «Doppeldosis») ergibt nach etwa 12 Wochen ein Fliessgleichgewicht im Blut. Es wird angenommen, dass Ixekizumab wie körpereigene Immunglobuline abgebaut wird. Die mittlere Plasmahalbwertzeit beträgt 13 Tage.(1)

Klinische Studien

Eine frühe Doppelblindstudie, an der 142 Personen mit einer chronischen Plaque-Psoriasis teilnahmen, diente in erster Linie der Dosisfindung. Bereits mit 25-mg-Dosen von Ixekizumab, verabreicht alle 2-4 Wochen, wurde nach 12 Wochen eine Besserung des «Psoriasis Area and Severity Index»-Wertes um mindestens 75% (PASI 75) bei 77% erreicht (unter Placebo: bei 8%). Auch psoriatische Veränderungen der Kopfhaut und – besonders unter höheren Dosen – der Nägel wurden vorteilhaft beeinflusst.(2)

Die Zulassung von Ixekizumab bei moderat bis stark ausgeprägter Plaque-Psoriasis beruht in erster Linie auf dem UNCOVER-Studienprogramm, das drei Doppelblindstudien umfasst. Personen, bei denen mindestens 10% der Körperoberfläche psoriatisch verändert waren und die aus ärztlicher Sicht eine ausgeprägte Psoriasis (sPGA = «static Physician Global Assessment»-Wert von ≥3) sowie einen PASI-Wert von ≥12 hatten, konnten daran teilnehmen. Es handelte sich um Patientinnen und Patienten, die vorher mit Phototherapie und/oder systemischer Therapie vorbehandelt waren. Alle drei Studien wurden mit einer Induktionsphase von 12 Wochen begonnen (Ixekizumab initial 160 mg, dann alle 2 oder 4 Wochen 80 mg s.c.).(3)

In UNCOVER-1 wurden drei ungefähr gleich grosse Gruppen von je 430 Personen gebildet: eine Gruppe erhielt Ixekizumab jede zweite Woche, eine Gruppe jede vierte Woche und eine Gruppe erhielt Placebo-Injektionen. Nach 12 Wochen wurde das beste Resultat (PASI 75 bei 89%) mit der häufigeren Injektion erreicht, die Injektion in 4-Wochen-Abständen war annähernd gleich wirksam (PASI 75 bei 83%), Placebo dagegen fast unwirksam (PASI 75 bei 4%).(4)

Die beiden anderen Studien (UNCOVER-2 und 3) wurden nach einem identischen Protokoll durchgeführt: neben dem Vergleich mit Placebo erfolgte auch ein Vergleich mit Etanercept (Enbrel®, 2x wöchentlich 50 mg s.c.); Ixekizumab wurde wieder gemäss zwei verschiedenen Schemen verabreicht (jede zweite oder jede vierte Woche). Insgesamt 2570 Personen nahmen an diesen Studien teil. Mit der zweiwöchigen Ixekizumab-Gabe wurde ein PASI 75-Wert bei annähernd 90% der Behandelten erreicht, mit der vierwöchigen Gabe bei rund 80%. Mit Etanercept lässt sich ein vergleichbares Resultat bei rund 40 bis 50% erreichen, mit Placebo bei weniger als 10%. Ixekizumab war also nach beiden Behandlungsschemen signifikant wirksamer als Placebo oder Etanercept. Mit Ixekizumab ergibt sich auch eine entsprechende Verbesserung des sPGA. Ein vollständiges Verschwinden der psoriatischen Läsionen (PASI 100) nach 12 Wochen konnte bei 30 bis 40% der mit Ixekizumab Behandelten beobachtet werden.(5) Gemäss verschiedenen, bisher erst als Abstracts veröffentlichten Untersuchungen führt Ixekizumab auch zu einer signifikanten Besserung psoriatischer Veränderungen der Kopfhaut, der Nägel und im Palmoplantarbereich.(3)

Anschliessend an die Induktionsphase wurde bei UNCOVER-1 und 2 eine weitere Doppelblindphase von 48 Wochen Dauer angeschlossen, für welche die Patientinnen und Patienten, die gut auf Ixekizumab reagiert hatten, nochmals randomisiert wurden und dann Placebo oder alle 4 oder alle 12 Wochen Ixekizumab erhielten. Die Verabreichung alle 4 Wochen ergab das weitaus beste Resultat (PASI 75 am Studienende bei rund 80%); erfolgte die Injektion nur alle 12 Wochen, fand sich ein PASI 75 bei knapp 50% und unter Placebo ging die mit Ixekizumab erreichte Verbesserung praktisch verloren.(4) Gute Resultate zeigten sich auch in einer offenen Verlängerung der UNCOVER-3-Studie, in der Ixekizumab im 4-Wochen-Rhythmus verabreicht wurde.

In einer weiteren Doppelblindstudie (IXORA-S) mit insgesamt 302 Teilnehmenden wurde Ixekizumab mit Ustekinumab – beide Medikamente in der aktuell empfohlenen Dosierung – verglichen. Nach 12 und nach 24 Wochen war Ixekizumab hinsichtlich mehrerer Beurteilungskriterien dem IL12/23-Antagonisten Ustekinumab signifikant überlegen. Nach 24 Wochen erreichten 91% unter Ixekizumab PASI 75, unter Ustekinumab dagegen nur 82%. Für andere Werte (z.B. PASI 100) war der Vorteil von Ixekizumab noch stärker ausgeprägt.(6)

Ixekizumab ist auch bei Psoriasis-Arthritis, einer in der Schweiz bisher nicht offiziell zugelassenen Indikation, wirksam. In einer Doppelblindstudie, in der 417 Personen mit einer aktiven Psoriasis-Arthritis behandelt wurden, ergab sich mit Ixekizumab (80 mg alle 4 Wochen injiziert) ein ähnliches Resultat wie mit Adalimumab (Humira®, 40 mg alle 2 Wochen s.c.): etwa 57% der Behandelten hatten nach 24 Wochen eine mindestens 20%ige Verbesserung der Gelenksymptome («ARC20»). Wurde Ixekizumab alle 2 Wochen verabreicht, so war das Resultat noch etwas besser (ARC20 bei 62%), während nur 30% der Placebo-Behandelten einen ARC20-Wert erreichten.(7) Ixekizumab ist ausserdem in einer Doppelblindstudie (die in erster Linie der Dosisfindung diente) bei rheumatoider Arthritis geprüft worden und hat sich dabei als ähnlich wirksam wie andere Biologika gezeigt.(8)

Mit Methotrexat oder mit anderen IL-17A-Antagonisten ist Ixekizumab nicht direkt verglichen worden. Gemäss einem indirekten Vergleich soll das neue Medikament bei Plaque-Psoriasis bezüglich PASI 75 ähnlich wirksam sein wie Secukinumab in der offiziell empfohlenen Dosierung.(9)

 

Unerwünschte Wirkungen

Lokalreaktionen an der Injektionsstelle (Rötung, Schmerzen) und verschiedene Infektionen werden bei mehr als 10% der mit Ixekizumab Behandelten beobachtet und sind damit die häufigsten unerwünschten Wirkungen dieses Mittels. Bei den Infektionen handelt es sich meistens um solche der oberen Luftwege (diese wurden allerdings auch in den Placebogruppen häufig beobachtet). Candida-Infektionen treten dreimal häufiger als unter Placebo auf; auch andere Pilzinfekte (Tinea) kommen vor. Gefährlichere Infektionen (wie z.B. diffuse Unterhautentzündungen, Erysipel) sind selten und führen kaum je zum Abbruch der Behandlung. Neutropenien schweren Grades sind sehr selten, leichtere werden gelegentlich beobachtet. Häufig werden auch gastro-intestinale Symptome (Übelkeit, Durchfall) und erhöhte Leberenzymwerte rapportiert. Allergische Reaktionen kommen vor (gelegentlich Urtikaria, seltene Fälle von Angioödem). Um die 20% der Behandelten entwickeln Antikörper gegen Ixekizumab, was gelegentlich zu einer Abnahme der Wirksamkeit führt. Ob Ixekizumab das Auftreten von kardiovaskulären Problemen, Morbus Crohn oder Depressionen beeinflussen kann, ist aktuell nicht genügend dokumentiert.

Interaktionen

Da Interleukine möglicherweise die Aktivität verschiedener Zytochrome beeinflussen, empfiehlt es sich zu Beginn und am Ende einer Ixekizumab-Behandlung, die Wirkung von «kritischen» Medikamenten mit einem CYP-abhängigen Metabolismus zu überwachen (z.B. orale Antikoagulantien). Während einer Ixekizumab-Behandlung sind Impfungen nicht sicher wirksam; Lebendvakzine sollten spätestens 2 Wochen vor und frühestens 4 Monate nach der Therapie verabreicht werden. Die kombinierte Therapie mit Ixekizumab und einem anderen Biologikum wird mangels entsprechender Untersuchungen nicht empfohlen.

Dosierung, Verabreichung, Kosten

Ixekizumab (Taltz®) ist in zwei Formen erhältlich: als Fertigspritze und als Fertigpen; beide enthalten 80 mg in 1 ml Lösung zur subkutanen Injektion. Das Medikament ist limitiert kassenzulässig. Das Präparat ist zugelassen bei Personen «mit einer mittelschweren bis schweren Plaque-Psoriasis, die auf andere systemische Therapien (einschliesslich Ciclosporin oder Methotrexat oder PUVA) nicht angesprochen haben oder bei denen diese Therapien kontraindiziert bzw. nicht verträglich sind». Initial soll eine doppelte Dosis (=160 mg) verabreicht werden, anschliessend sechsmal 80 mg im Abstand von zwei Wochen und dann weiter 80 mg alle vier Wochen. Bezüglich einer Verabreichung von mehr als einem Jahr existieren nur sehr beschränkte Daten. Als Injektionsort werden die Oberarme, die Bauchhaut und die Oberschenkel empfohlen; dabei sollen Hautstellen mit psoriatischen Läsionen vermieden werden.

Das Medikament ist bei schwangeren und stillenden Frauen kontraindiziert, da mit einem möglichen Übertritt des Medikamentes in den fetalen Kreislauf bzw. die Muttermilch zu rechnen ist. Während und bis 10 Wochen nach der Verabreichung von Ixekizumab sind wirksame kontrazeptive Massnahmen notwendig und das Stillen zu vermeiden. Kinder und Jugendliche bis zu 18 Jahren sollen mangels entsprechender Dokumentation kein Ixekizumab erhalten.

Ixekizumab kostet in den ersten 12 Behandlungswochen 11'628 Franken und anschliessend bis zum Ende eines Behandlungsjahres nochmals 14'535 Franken, d.h. etwas über 26'000 Franken in einem Jahr. Das Medikament ist damit noch etwas teurer als Secukinumab (Cosentyx®), das in der offiziell empfohlenen Dosierung knapp 24'700 Franken kostet. Andere Psoriasis-Therapien sind viel kostengünstiger; Methotrexat verursacht beispielsweise jährliche Kosten in der Grössenordnung von 2000 Franken.

Kommentar

Es ist anzunehmen, dass IL-17A-Antagonisten (wie Ixekizumab) bei Plaque-Psoriasis wirksamer sind als IL-12/23-Antagonisten (Ustekinumab). Da mit Secukinumab aber bereits ein IL-17A-Antagonist verfügbar ist, wäre es wesentlich, Ixekizumab direkt mit diesem zu vergleichen, was bisher nicht geschehen ist. Bei aller Freude über mögliche Vorteile der neuen Wirkstoffe darf auch nicht vergessen werden, dass wir bisher noch kaum über zuverlässige Daten zur Nutzen-Schaden-Bilanz einer längerfristigen Verabreichung dieser Mittel verfügen. Schliesslich ist festzuhalten, dass der mit den Interleukin-Antagonisten erreichte therapeutische Fortschritt keineswegs das Ausmass erreicht, das die exorbitanten Preise dieser Medikamente rechtfertigen würde.

 

Standpunkte und Meinungen

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Ixekizumab (15. Februar 2018)
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pharma-kritik, 39/No. 10
PK1031
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