Starke Gewichtszunahme unter Psychopharmaka
- Autor(en): Natalie Marty
- pharma-kritik-Jahrgang 42
, Nummer 2, PK1106
Redaktionsschluss: 30. August 2020 - PDF-Download der Printversion dieses Artikels
Im Rahmen des deutschen Projekts «Arzneimittelsicherheit in der Psychiatrie» (AMSP) wurden Patientinnen und Patienten dokumentiert, die während ihres Aufenthalts in einer psychiatrischen Klinik sehr stark an Gewicht zugenommen hatten. Nun wird über 344 von 2001 bis 2016 beobachtete Fälle von massiver Gewichtszunahme berichtet. Die entsprechende Beobachtungszeit variierte allerdings sehr stark (zwischen 1 und 72 Wochen). Berücksichtigt wurden nur Personen, deren Gewicht um mindestens 10% zugenommen hatte. Für diese betrug die Zunahme durchschnittlich 12,7 kg, konnte jedoch (bei längerer Beobachtung) bis zu 50 kg betragen. Frauen und Männer waren gleichermassen betroffen; viele waren recht jung – fast die Hälfte war weniger als 30 Jahre alt. Etwa zwei Drittel der Fälle konnten auf ein einzelnes Medikament (am häufigsten ein Neuroleptikum) zurückgeführt werden; bei den übrigen Fällen waren mehrere Psychopharmaka (auch Antidepressiva und weitere) beteiligt, am häufigsten Olanzapin (Zyprexa® u.a.), gefolgt von Quetiapin (Seroquel® u.a.) und Mirtazapin (Remeron® u.a.). Der Versuch, das Gewicht wieder etwas zu senken, gelang aber nur bei 27% der Betroffenen. Dass auf die mehr als 362'000 im Beobachtungszeitraum hospitalisierten Personen lediglich 344 Fälle von «massivem Übergewicht» erfasst wurden, erklärt sich wohl in erster Linie mit der Tatsache, dass viele Klinikaufenthalte zu kurz sind, als dass sich dabei eine so ausgeprägte Gewichtszunahme entwickeln könnte.
Die während eines Klinikaufenthaltes beobachtete Gewichtszunahme unter Psychopharmaka ist relativ selten massiv. Das gesamte Risiko dieser bedeutsamen Nebenwirkung lässt sich wohl nur adäquat erfassen, wenn auch der ambulante Bereich mitberücksichtigt wird.
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