Behandlung des Vorhofflimmerns

Übersicht

Das Vorhofflimmern ist nach den Extrasystolen die häufigste Rhythmusstörung. Mit zunehmendem Alter nimmt die Inzidenz des Vorhofflimmerns zu; etwa 0,4% aller Erwachsenen, jedoch 2 bis 4% der Personen über 60 Jahren sind davon betroffen. Auch die Ursachen des Vorhofflimmerns sind altersabhängig. Bei jüngeren Patienten finden sich häufiger extrakardiale Ursachen (Hyperthyreose, Infekte, Alkoholmissbrauch u.a.). Da rheumatische Herzvitien seltener geworden sind und auch frühzeitiger operativ behandelt werden, sind die hypertensive und die koronare Herzkrankheit heute die wichtigsten Ursachen des Vorhofflimmerns. Allerdings können praktisch alle Herzerkrankungen ein Vorhofflimern hervorrufen. Der Begriff des idiopathischen Vorhofflimmerns («lone atrial fibrillation») bleibt der Form reserviert, bei der trotz intensiver Diagnostik keine Ursache gefunden werden kann.

Konsequenzen des Vorhofflimmerns

Durch den Verlust der Vorhofsystole sowie die kurzen und verschieden lang dauernden Diastolen ergibt sich eine schlechte Kammerfüllung und damit eine Abnahme des Herzminutenvolumens. Bei Kranken mit reduzierter Myokardfunktion kann dies zur Herzinsuffizienz, Angina pectoris oder gar zur Synkope führen. Selbst wenn die Kammerfrequenz kontrolliert ist, findet sich ein verminderter zerebraler Blutfluss.(1) Bei herzinsuffizienten Patienten kann durch die Konversion zum Sinusrhythmus eine Steigerung des Herzminutenvolumens um 17 bis 34% erreicht werden;(2) die Möglichkeit einer Konversion sollte daher bei jedem Patienten mit Vorhofflimmern sorgfältig in Betracht gezogen werden.

Diagnostik, Prognosekriterien für eine Konversion

Eine genaue Diagnostik ist zunächst im Hinblick auf behandelbare Ursachen (koronare, hypertensive, valvuläre Herzkrankheit u.a.) wichtig. Ausserdem ergeben sich aus den ergänzenden Untersuchungen wichtige Hinweise auf den möglichen Erfolg einer Konversion und auf die Rezidivrate. Neben gezielten Laboruntersuchungen, EKG, Ergometrie und Thoraxröntgenbild ist vor allem die Echokardiographie von Bedeutung.
Für den Erfolg einer Konversion ist die Dauer des Vorhofflimmerns am wichtigsten: je kürzer die Dauer, desto höher ist die Konversionsrate, desto höher aber auch der Anteil der Spontankonversionen. Einen anerkannten Einfluss hat auch die Vorhofgrösse: je grösser der Vorhof, desto ungünstiger die Aussichten auf eine initiale und anhaltende Konversion in einen Sinusrhythmus. Der entscheidende Wert der echokardiographisch bestimmten Vorhofgrösse wird mit maximal 6 cm angegeben.(3)
Von Bedeutung ist ferner, welche Krankheit zugrundeliegt. Bei unbehandelten Mitralvitien, Kardiomyopathien und Cor pulmonale sind die Erfolgsaussichten der Konversion geringer. Anderseits bringt eine Konversion dann häufiger einen anhaltenden Erfolg, wenn sie nach operativer Korrektur eines Mitralvitiums oder nach Behandlung einer Hyperthyreose durchgeführt wird. Behandelbare Ursachen sollten deshalb grundsätzlich vor einem Konversionsversuch angegangen werden.
Beim idiopathischen Vorhofflimmern sind die Meinungen uneinheitlich. Nach einer Konversion folgt oft ein Rezidiv des Vorhofflimmerns; anderseits soll nach früheren Untersuchungen die Prognose trotz anhaltender Rhythmusstörung gut sein. In neueren Arbeiten wird jedoch bezweifelt, dass bei fehlendem Nachweis einer Herzkrankheit tatsächlich eine gutartige Störung vorliege.
In der Regel ist sodann bei Patienten, die zur Konversion nur Medikamente benötigen, mit einem anhaltenderen Erfolg zu rechnen, als wenn auch eine Elektrokonversion durchgeführt werden muss.(3)

Konversion

Zu einer sofortigen, üblicherweise elektrischen Konversion entschliesst man sich, wenn sich bei einem akuten Vorhofflimmern und schwerer Herzinsuffizienz die hämodynamische Situation nicht mit anderen Mitteln unverzüglich bessern lässt.
In allen anderen Fällen muss entschieden werden, ob überhaupt und ob medikamentös oder elektrisch konvertiert werden soll.
Auf einen Konversionsversuch wird verzichtet, wenn wiederholte Konversionen erfolglos geblieben sind oder ein mehr als zwei Jahre anhaltendes Vorhofflimmern vorliegt. Auch beim bradykarden Vorhofflimmern und beim «Sick- Sinus»-Syndrom wird auf eine Konversion verzichtet, da die Komplikationen häufig sind. Bei der Digitalisintoxikation ist eine Elektrotherapie wegen der Gefahr von ventrikulären Rhythmusstörungen zu vermeiden.
Eine besondere Situation stellt das Vorhofflimmern bei einem Präexzitationssyndrom dar, das an der hohen Kammerfrequenz (über 200/Min) und den breiten QRS-Komplexen erkannt werden kann. Digoxin und Verapamil sind kontraindiziert; Procainamid, Flecainid, Propafenon oder Amiodaron können eingesetzt werden, wenn nicht die Elektrokonversion vorgezogen wird.

Elektrische Konversion

Mit einem Gleichstrom-Elektroschock lässt sich ein Vorhofflimmern in 77 bis 92% der Fälle unmittelbar in einen Sinusrhythmus überführen. Für die initiale Anwendung dieses Verfahrens spricht das weitgehende Fehlen von gefährlichen Komplikationen. Eine Lungenstauung oder ein Lungenödem wurde bei 4% beobachtet.(4) Embolien lassen sich dank Antikoagulation weitgehend vermeiden.(5) Bei jedem Vorhofflimmern, das länger als zwei oder drei Tage gedauert hat, ist vor der Konversion eine mindestens zweiwöchige Antikoagulation notwendig; nach erfolgreicher Konversion soll die Antikoagulation noch während vier Wochen weitergeführt werden.
Als Vorteil der Elektrokonversion muss gewertet werden, dass stets ein Reanimationsteam zugegen ist und deshalb Komplikationen (andere Rhythmusstörungen!) rasch behoben werden können.
Die Elektrotherapie wird heute kaum mehr ohne medikamentöse Unterstützung durchgeführt. Diese antiarrhythmische Vorbehandlung -- am besten dokumentiert mit Chinidin -- bringt verschiedene Vorteile. Einerseits führen die Medikamente allein schon in 13 bis 43% eine Konversion herbei.(6) Anderseits wird dank der Vorbehandlung bei der Elektrokonversion eine höhere Konversionsrate erzielt. Da nach der Konversion in den meisten Fällen zur Rezidivprophylaxe weiterhin Antiarrhythmika notwendig sind, stellt sich bisweilen die Frage, ob nicht initial auf die Elektrokonversion zugunsten der medikamentösen Konversion verzichtet werden soll.

Medikamentöse Konversion

Wie bei jeder antiarrhythmischen Therapie ist zu bedenken, dass Antiarrhythmika aufgrund ihres proarrhythmischen Effektes potentiell gefährliche Medikamente sind. Wird jedoch ein Medikament gut vertragen, so soll unter Beachtung des Plasmaspiegels die volle Dosis ausgenützt werden, bevor ein Wechsel erfolgt. Auch für den medikamentösen Konversionsversuch gilt, dass bei einem seit mehr als zwei bis drei Tagen dauernden Vorhofflimmern antikoaguliert werden muss.
Digitalispräparate werden in der Behandlung des Vorhofflimmerns oft verwendet. Sie dienen mehr der Frequenzkontrolle als zur Konversion und werden dann eingesetzt, wenn eine Herzinsuffizienz das Vorhofflimmern ausgelöst hat. Der Wert einer raschen Digitalisierung im Hinblick auf eine Konversion des akuten Vorhofflimmerns ist unsicher; in einer kontrollierten Studie unterschied sich Digoxin diesbezüglich nicht signifikant vom Placebo.(7) Digoxin kann dagegen zur Vorbereitung einer Konversion mit Chinidin zusammen eingesetzt werden, siehe unten. Bei der Verabreichung von Digoxin ist zu bedenken, dass praktisch alle anderen Medikamente (z.B. Chinidin, Verapamil, Amiodaron), die bei Vorhofflimmern eingesetzt werden können, zum Anstieg der Digoxin- Plasmaspiegel führen. Diese Interaktion ist klinisch relevant und erfordert eine Senkung (initial z.B. eine Halbierung) der Digoxindosis, eventuell auch eine Überwachung der Plasmaspiegel.
Chinidin ist das gebräuchlichste und eines der wirksamsten Medikamente zur Konversion des Vorhofflimmerns (wie auch zur Prophylaxe nach erfolgreicher Konversion). Chinidin beschleunigt die Überleitung im AV-Knoten; deshalb muss bei tachykardem Vorhofflimmern die Kammerfrequenz gesenkt werden. Dies kann mit Digoxin, Betablockern oder Verapamil erreicht werden. Chinidin wird oral verabreicht, wobei Chinidinhydrogensulfat in retardierter Form (z.B. Kinidin-Duriles®) bevorzugt wird. Nach verschiedenen Studien wird mit Chinidin in 31 bis 89% eine Konversion erreicht.(8)
Unter den unerwünschten Wirkungen steht die Chinidin- Synkope (mit QT-Verlängerung, Torsades de pointes, Kammertachykardien, Asystolien) im Vordergrund. Dies ist zwar eine seltene Komplikation (bei 0,5 bis 2% der behan- delten Patienten), aber lebensbedrohlich. Eine engmaschige Überwachung der QRS- und der QT-Zeit, des Kalium- und eventuell auch des Chinidin- und Digoxin-Plasmaspiegels sind angezeigt. Nach Meinung vieler Kliniker geschieht diese Überwachung am besten im Spital. Andere Nebenwirkungen, die zum Absetzen von Chinidin führen können, sind Durchfall, Erbrechen, Schwindel. Auch Hypotonien und selten einmal eine Thrombozytopenie werden beobachtet.
Disopyramid und Procainamid gehören wie Chinidin zur Gruppe Ia der Antiarrhythmika, finden jedoch heute in der Praxis kaum Anwendung zur Konversion. Disopyramid (Norpace®) ist vergleichsweise wenig dokumentiert; es wird wegen seiner ausgeprägten negativ inotropen Wirkung und den anticholinergen Nebenwirkungen nur eingesetzt, wenn andere Antiarrhythmika ausser Betracht fallen. Procainamid (Pronestyl®) hat in offenen Studien beim akuten Vorhofflimmern Konversionsraten von 43 bis 66% erzielt; die intravenöse Verabreichung kann eine Hypotonie verursachen.
Die mit Betablockern erreichbare Konversionsrate ist im allgemeinen gering. Auch Sotalol (Sotalex®), welches zusätzlich Amiodaron-ähnliche Eigenschaften besitzt, ist in dieser Hinsicht nicht genügend dokumentiert.
In den letzten Jahren ist vermehrt Flecainid (Tambocor®) zur Konversion des Vorhofflimmerns verwendet worden. In einem Vergleich mit Chinidin ergab Flecainid eine ähnlich hohe Konversionsrate (um 60%). Chinidin verursachte bei 27% der Patienten unerwünschte Wirkungen (insbesondere gastrointestinaler Natur). Nebenwirkungen von Flecainid waren seltener (nur bei 7% der Patienten), aber gefährlicher (schwere Bradykardie, AV-Block I. Grades mit Linksschenkelblock).(9) Andere Studien und Beobachtungen bestätigen, dass Flecainid ein substantielles Risiko kardialer Nebenwirkungen aufweist. So hat das Medikament bei Patienten, die es nach einem Myokardinfarkt zur Arrhythmieprophylaxe erhielten, zu einer erhöhten Mortalität geführt.(10)
Propafenon (Rytmonorm®), ebenfalls ein Antiarrhythmikum der Klasse Ic, ist für die Anwendung bei Vorhofflimmern noch nicht so genau untersucht wie Flecainid. Die Konversionsrate scheint im Bereich von 40 bis 60% zu liegen.(11) Unerwünschte Wirkungen -- insbesondere auch kardiovaskulärer Natur (Schenkelblock, Kammertachykardie, AV-Block u.a.) -- sind nicht selten.
Amiodaron (Cordarone®) wird wegen seiner unerwünschten Wirkungen erst eingesetzt, wenn andere Antiarrhythmika versagt haben. In dieser Situation kann mit Amiodaron noch in 11 bis 32% eine Konversion erreicht werden.(12) Bei Patienten, die sich nicht schon anderen Medikamenten gegenüber resistent gezeigt hatten, ergab Amiodaron eine Konversionsrate um 70%. Dieses Medikament vermag die Kammerfrequenz zu senken, auch wenn es nicht zur Konversion führt.

Rezidivprophylaxe

Gemäss früheren Studien, in denen nach einer Elektrokonversion keine medikamentöse Rezidivprophylaxe durchgeführt wurde, befindet sich ein Jahr nach der Konversion nur noch etwa ein Fünftel der Patienten im Sinusrhythmus. (13) Mit Rezidivprophylaxe und -- wenn notwendig -- erneuter Elektrokonversion hatten dagegen in einer Studie 76% der Patienten noch nach vier Jahren einen Sinusrhythmus.(14)
Die Überlegenheit einer Rezidivprophylaxe mit Chinidin ist in mehreren aussagekräftigen Studien gezeigt worden. Langwirkende Chinidin-Präparate sind den kurzwirkenden überlegen. Eine über 12 Monate fortgesetzte Rezidivprophylaxe kann eine signifikant höhere Zahl von Patienten im Sinusrhythmus halten, als wenn die Prophylaxe nach 3 Monaten abgesetzt wird.(15)

Andere Antiarrhythmika sind weniger gut dokumentiert. Bei einer längerfristigen Verabreichung von Procainamid ist das Risiko eines Lupus-ähnlichen Syndroms zu bedenken. Disopyramid und die Antiarrhythmika der Klasse Ic sind -- gemäss den vergleichsweise beschränkten Daten -- in der Rezidivprophylaxe ähnlich wirksam wie Chinidin; wenn die Konversion dank diesen Medikamenten erfolgte, so sollte das Anitarrhythmikum beibehalten werden. Im Vergleich mit Chinidin ist Amiodaron in der Rezidivprophylaxe etwas erfolgreicher, verursacht aber auch mehr unerwünschte Wirkungen.
Wenn ein Vorhofflimmern durch ein akutes Ereignis (z.B. einen Infekt) verursacht war, kann die Rezidivprophylaxe nach drei Monaten abgesetzt werden. Sonst sollte sie mindestens ein Jahr lang weitergeführt werden, wobei die niedrigste noch wirksame Dosis zum Einsatz gelangen soll.
Bei paroxysmalem Vorhofflimmern ist eine Rezidivprophylaxe nur in den Fällen angezeigt, die sehr häufig längere Episoden von Vorhofflimmern aufweisen, bei denen diese symptomatisch sind oder wenn die Behandlung des Grundleidens nicht zu einem stabilen Sinusrhythmus geführt hat. Auch in diesen Fällen ist Digoxin allein wenig wirksam. Besser ist eine Kombination mit Chinidin oder allenfalls mit Flecainid.

Therapie des chronischen Vorhofflimmerns

Wenn keine Konversion möglich ist, so steht die Kontrolle der ventrikulären Herzfrequenz und die Prävention thromboembolischer Komplikationen im Vordergrund.
Mit Digoxin gelingt es nicht selten, in Ruhe einen einigermassen normokarden Kammerrhythmus zu erreichen. Unter Belastung kommt es jedoch trotz Digoxin häufig zu einem inadäquat starken Frequenzanstieg. Verapamil (Isoptin®) ist diesbezüglich allein oder in Kombination mit Digoxin deutlich wirksamer; die Interaktion dieser beiden Medikamente erfordert aber eine vorsichtige Dosierung (siehe oben). Wird Verapamil intravenös verabreicht, so ist mit einem vorübergehenden Blutdruckabfall zu rechnen und eine entsprechende Überwachung zu sichern. Auch Diltiazem (Dilzem®) ist zur Frequenzkontrolle wirksam, jedoch weniger gut untersucht als Verapamil. Auch Betablocker, z.B. Propranolol (Inderal®), verlangsamen die Kammerfrequenz. Die Auswahl des einen oder anderen Medikamentes erfolgt am besten unter Berücksichtigung der klinischen Gesamtsituation und der unerwünschten Wirkungen.

Antikoagulation

Arterielle Embolien sind schwerwiegende Komplikationen des Vorhofflimmerns, betreffen sie doch häufig das zentrale Nervensystem. Patienten mit rheumatischen Herzvitien und Vorhofflimmern erleiden fast achtmal häufiger eine arterielle Embolie als Personen mit Sinusrhythmus. Man nimmt an, dass sich mittels Antikoagulation bei Patienten mit Herzklappenfehlern eine Reduktion der Embolien und der Mortalität um mindestens 24% erreichen lässt.(16)
Ob die Antikoagulation auch beim chronischen, nicht durch rheumatische Vitien bedingten Vorhofflimmern vorteilhaft ist, war bis vor kurzem unklar. Es sind deshalb mehrere grosse Studien begonnen worden, von denen heute erste Resultate vorliegen. In einer bereits abgeschlossenen randomisierten Studie mit 1007 Patienten wurde die orale Antikoagulation (mit Warfarin, offen) mit Acetylsalicylsäure bzw. Placebo verglichen. Von den antikoagulierten Patienten erlitten jährlich 2% thromboembolische Komplikationen, von den mit Acetylsalicylsäure oder Placebo behandelten waren aber 5,5% von Embolien betroffen. Antikoagulierte Patienten hatten auch eine signifikant geringere vaskuläre Mortalität.(17)
Gemäss vorläufigen Ergebnissen einer anderen, ähnlich angelegten Studie fand sich nicht nur für antikoagulierte Patienten, sondern (für Individuen bis zum Alter von 75 Jahren) auch ein Nutzen der Acetylsalicylsäure (325 mg/Tag).(18) Weitere Resultate, die in den nächsten Jahren zu erwarten sind, dürften zur Klärung der Frage nach einem Nutzen der Acetylsalicylsäure beitragen; diese Frage ist besonders deshalb wichtig, da eine Antikoagulation doch erhebliche Risiken mit sich bringt. So ereigneten sich in einer Studie bei 213 antikoagulierten Patienten mit Vorhofflimmern jährlich annähernd elf grössere periphere Blutungen.(19)
Dennoch darf beim heutigen Stand des Wissens angenommen werden, dass eine langfristige Antikoagulation den meisten Patienten mit chronischem Vorhofflimmern deutlich mehr Nutzen als Schaden bringt. Das Risiko dieser Therapie lässt sich klein halten, indem die Antikoagulation ganz sorgfältig überwacht wird. Selbstverständlich müssen auch die Kontraindikationen einer Antikoagulation genau beachtet werden.
Patienten mit Vorhofflimmern, die eine zerebrale Embolie erlitten haben, sind einem besonders hohen Risiko eines weiteren embolischen Ereignisses ausgesetzt. Eine sofortige Heparinisierung vermag dieses Risiko stark zu reduzieren; (20) diese Therapie ist jedoch nur möglich, wenn das Computertomogramm keine Anhaltspunkte für eine zerebrale Blutung ergibt und die Infarktzone klein ist. (Bei grösseren Infarkten muss mit sekundären Blutungen gerechnet werden.)
Ob auch Individuen mit idiopathischem Vorhofflimmern von einer Antikoagulation profitieren, ist nicht gesichert. Da bei diesen Personen bis zum Alter von 60 Jahren nur selten Komplikationen auftreten, wird nicht generell eine Antikoagulation empfohlen. Ältere Patienten werden aber mit Vorteil antikoaguliert.

Schlussfolgerungen

Bei einem Vorhofflimmern sollen zuerst behandelbare Ursachen gesucht und behoben werden. Die Möglichkeit einer (elektrischen oder medikamentösen) Konversion soll in jedem Fall sorgfältig in Betracht gezogen werden. Die Patienten müssen meistens antikoaguliert und oft auch initial im Spital überwacht werden. Nach erfolgreicher Konversion ist eine langfristige antiarrhythmische Prophylaxe notwendig. Das chronische Vorhofflimmern erfordert eine frequenzsenkende Medikation und -- von wenigen Ausnahmen abgesehen -- auch eine chronische Antikoagulation.

Literatur

  1. 1) Lavy S et al. Stroke 1980; 11: 35-8
  2. 2) Morris JJ et al, Circulation 1965; 31: 670-8
  3. 3) Brodsky MA et al. Am J Cardiol 1989; 63: 1065-8
  4. 4) Resnekov L, McDonald L. Br Heart J 1967; 29: 926-36
  5. 5) Bjerkelund C, Orning OM. Acta Med Scand 1968; 184: 481-91
  6. 6) Södermark T et al. Br Heart J 1975; 37: 486-92
  7. 7) Falk RH et al. Ann Intern Med 1987; 106: 503-6
  8. 8) Cramèr G. Acta Med Scand 1968; Suppl 490
  9. 9) Borgeat A et al. Am J Cardiol 1986; 58: 496-8
  10. 10) The Cardiac Arrhythmia Suppression Trial (CAST) Investigators. N Engl J Med 1989; 321: 406-12
  11. 11) Connolly SJ et al. J Am Coll Cardiol 1987; 10: 1145-8
  12. 12) Blevins RD et al. Arch Intern Med 1987; 147: 1401-4
  13. 13) Ã…berg H, Cullhed I. Acta Med Scand 1968; 184: 433-40
  14. 14) Roussane A et al. Ann Cardiol Angéiol 1984; 33: 449-52
  15. 15) Boissel JP et al. Eur Heart J 1981; 2: 49-55
  16. 16) Dunn M et al. Chest 1989; 95 (Suppl S): 118S-27S
  17. 17) Petersen P et al. Lancet 1989; 1: 175-9
  18. 18) Stroke Prevention in Atrial Fibrillation Study Group Investigators. N Engl J Med 1990; 322: 863-8
  19. 19) Lundstrom T, Ryden L. J Intern Med 1989; 225: 137-42
  20. 20) Cerebral Embolism Study Group. Stroke 1984; 15: 779-89

Standpunkte und Meinungen

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Behandlung des Vorhofflimmerns (14. Mai 1990)
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