Abnorme EKG-Befunde bei Athleten

  • f -- Pelliccia A, Di Paolo FM, Quattrini FM et al. Outcomes in athletes with marked ECG repolarization abnormalities. N Engl J Med 2008 (10. Januar); 358: 152-61 [Link]
  • Zusammenfassung:
  • Kommentar: Max Hintermann
  • infomed screen Jahrgang 12 (2008) , Nummer 2
    Publikationsdatum: 1. März 2008
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Studienziele
Bei Spitzensportlern und -sportlerinnen finden sich im EKG häufig abnorme Befunde wie vergrösserte R- und S-Zacken mit Repolarisationsstörungen, welche den Verdacht auf eine linksventrikuläre Hypertrophie erwecken. Solche Veränderungen werden dem Training zugeschrieben. Seltener finden sich aber darüber hinausgehende, klar pathologische Veränderungen wie generalisierte und ausgeprägte T-Negativitäten. In der vorliegenden Studie untersuchte man erstmals den Langzeitverlauf dieser klar pathologischen EKG-Alterationen.

Methoden
Seit 1982 werden in Italien von Gesetzes wegen alle, die Wettkämpfe bestreiten, sportärztlich untersucht und die erhobenen Daten zentral erfasst. Aus dieser umfangreichen Datenbank wurden 81 Personen mit klar pathologischen EKG-Veränderungen, aber ohne strukturelle Herzerkrankung in der Echokardiographie herausgesucht. In mindestens drei Ableitungen (ohne Ableitung III) mussten T-Inversionen von 2 mm oder mehr vorhanden sein. Aus der gleichen Datenbank wurde eine Vergleichsgruppe von 229 Personen von vergleichbarem Alter und Geschlecht zusammengestellt, bei denen das EKG keine pathologischen Veränderungen zeigte.

Ergebnisse
Die Untersuchten (unter ihnen 22% Frauen) waren bei Studienbeginn im Mittel 23 Jahre alt. Der Verlauf konnte über durchschnittlich 9 Jahre ausgewertet werden. In diesem Zeitraum manifestierte sich bei 14% der Personen mit pathologischem EKG eine kardiovaskuläre Erkrankung (bei 5 davon eine Kardiomyopathie), 1 Person starb ein Jahr nach der Erstevaluation an einer nicht erkannten rechtsventrikulären Dysplasie. Im Vergleichskollektiv entwickelte niemand eine Kardiomyopathie, bei 2% traten andere Kreislauferkrankungen auf (Myokarditis, Perikarditis, supraventrikuläre Tachykardien). Daraus ergibt sich im untersuchten Kollektiv im Falle eines pathologischen EKG ein positiver Vorhersagewert für eine Herzerkrankung von 14%, im Falle eines normalen EKG ein negativer Vorhersagewert von 98%.

Schlussfolgerungen
Erstmals wurde mit dieser Studie nachgewiesen, dass sich bei Athletinnen und Athleten, die eindeutig pathologische EKG-Veränderungen aufweisen, in der Folge bei jeder siebten Person eine Herzerkrankung, bei jeder vierzehnten eine Kardiomyopathie entwickelt. Personen, die solche EKG-Veränderungenzeigen und an Wettkämpfen teilnehmen, sollen daher regelmässig nachkontrolliert werden.

Zusammengefasst von Werner Eugster

Bei jedem unerwarteten Todesfall beim Sport, an dem heute die Öffentlichkeit dank den elektronischen Medien zeitweise unmittelbar partizipiert, kommen unweigerlich Fragen auf, wie dies hätte verhindert werden können und wie sinnvoll, nötig und zuverlässig präventive sportmedizinische Checks sind. Die vorliegende Übersicht zeigt uns, dass als Screening-Untersuchung bereits das weltweit standardisierte 12-Ableitungs-EKG als kostengünstige, leicht verfügbare und bei Bedarf zentral auswertbare Methode weiterhelfen kann. Der Aufwand ist aber nicht unerheblich. Da sich die strukturellen Herzveränderungen meistens erst später entwickeln, bedarf es bei ungewöhnlichen EKG-Abnormitätenregelmässiger, meist echokardiographischer Nachkontrollen, um dann – wie hier – bei 5% eine strukturelle Herzkrankheit – hoffentlich rechtzeitig– zu erfassen. Wie analoge Institutionen in diversen europäischen Staaten empfiehlt heute die Schweizerische Gesellschaft für Sportmedizin (SGSM) bei einer sportärztlichen Untersuchung auch bei jungen Athleten und Athletinnen ein 12-Ableitungs-EKG, denn irgendwo muss ja begonnen werden!

Max Hintermann


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Abnorme EKG-Befunde bei Athleten ( 2008)