Die Verschreibenden erziehen!

  • k -- Daneman N, Gruneir A, Bronskill SE et al. Prolonged antibiotic treatment in long-term care: role of the prescriber. JAMA Intern Med 2013 (22. April); 173: 673-82 [Link]
  • Zusammenfassung: Renato L. Galeazzi
  • infomed screen Jahrgang 17 (2013) , Nummer 4
    Publikationsdatum: 20. August 2013
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In Alters- und Pflegeheimen werden sehr häufig Antibiotika verschrieben und oft für länger als sieben Tage. 60 bis 70% aller Bewohnerinnen und Bewohner erhalten laut epidemiologischen Untersuchungen mindestens einmal pro Jahr Antibiotika, etwa die Hälfte davon ohne gesicherte Indikation. Es sollte daher untersucht werden, welche Faktoren bestimmen, warum und für wie lange Antibiotika verschrieben werden, in der Annahme, dass eine siebentägige Behandlung in der Regel genügt. Dazu wurden die Gesundheitsdaten aller Personen im Alter über 66 Jahre verwendet, die im Jahr 2010 in der kanadischen Provinz Ontario in einem Pflegeheim lebten, und zusammen mit Daten aus dem «Ontario Drug Benefit Program» und Angaben zu den verschreibenden Ärzten ausgewertet.

Von 66'901 Personen erhielten im Jahr 2010 50'061 (75%) mindestens einmal ein Antibiotikum, 41% für sieben und 45% für mehr als sieben Tage. Vier Fünftel der Langzeitbehandlungen wurden von 561 der 2'601 in Pflegeheimen tätigen Ärzte (22%) verschrieben, die alle mehr als 20 Antibiotikatherapien angeordnet hatten, was nicht mit einer zufälligen Verteilung erklärt werden kann. Auch demographische Eigenschaften der Patientinnen und Patienten wie Alter, Pflegebedürftigkeit oder Komorbidität oder der Verschreibenden wie Alter, Ausbildung oder Fachrichtung erklärten die lange Behandlungsdauer nicht.

Die Schlussfolgerung der Studienverantwortlichen ist klar und einfach: Grund für die lang dauernde Verschreibung von Antibiotika ist die «Präferenz», d.h. die Gewohnheit der Verschreibenden! Natürlich kann der Studie angekreidet werden (wie dies im begleitenden Editorial geschieht), dass von den Ärzten keine Begründung der Verschreibung eingeholt wurde, und man daher nicht weiss, ob eventuell Kulturen und Empfindlichkeitsprüfungen der Erreger durchgeführt worden sind. Aber der Umstand, dass man keine rationalen Faktoren gefunden hat, welche die Ergebnisse erklären könnten, stimmt nachdenklich, denn Gewohnheiten lassen sich bekanntlich nur äusserst schwer ändern!

Zusammengefasst von Renato L. Galeazzi

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infomed-screen 17 -- No. 4
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Die Verschreibenden erziehen! ( 2013)