Koloskopie-Screening ergibt eine gute Adenom-Detektion

  • r -- Brettthauer M, Kaminski MF, Løberg M J et al. Population-based colonoscopy screening for colorectal cancer: a randomized clinical trial. JAMA Intern Med 2016 (1. Juli); 176: 894-902 [Link]
  • Zusammenfassung: Markus Gnädinger
  • Kommentar: Dominique H. Criblez
  • infomed screen Jahrgang 20 (2016) , Nummer 6
    Publikationsdatum: 22. November 2016
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Studienziele

Die Stuhluntersuchung mittels Hämoccult-Test und Sigmoidoskopie gelten als wirksame Methoden zur Früherkennung von Dickdarmkrebs. Nun finden sich Adenome und Karzinome nicht nur im Sigmoid, weshalb vermutet wird, dass eine vollständige Koloskopie die wirksamere Methode für ein Screening sein müsste. Verschiedene Länder empfehlen deshalb die präventive Koloskopie. Andererseits ist diese Methode invasiv, teuer und erfordert eine mühsame Darmreinigung. Da anhin grossangelegte Studien fehlten, sollte mit der «Nordic-European Initiative on Colorectal Cancer» (NordICC) der Einfluss eines Screenings mittels Koloskopie auf Darmkrebsinzidenz und Mortalität untersucht werden. Während die Hauptresultate voraussichtlich erst in 10-15 Jahren vorliegen werden, konnten jedoch bereits relevante praktische Erkenntnisse zur Durchführung eines solchen Screenings gewonnen werden.

Methoden

In geographisch definierten Regionen von vier Ländern (Polen, Norwegen, Schweden und Holland) wurden anhand von Bevölkerungsregistern Personen im Alter von 55 bis 64 Jahren identifiziert, die für ein Screening in Frage kamen. Nicht berücksichtigt wurden u.a. Personen, bei denen schon früher ein kolorektaler Eingriff durchgeführt worden war, oral Antikoagulierte  und solche mit einer fortgeschrittenen Krankheit. Von den so identifizierten Personen wurde ein Drittel randomisiert zu einer präventiven Koloskopie eingeladen; allle anderen dienten als Kontrollen (worüber sie allerdings nicht informiert wurden). Für die aktuelle Auswertung interessierte, welcher Prozentsatz der eingeladenen Personen am Screening teilnahmen, verschiedene Qualitätsindikatoren wie Adenom-Detektions- oder Komplikationsraten, und die subjektive Belastung der Teilnehmenden durch den Eingriff. Die Adenom-Detektionsrate, ein wichtiger Qualitätsindikator für Koloskopien, ist definiert als Prozentsatz jener Endoskopien, bei denen mindestens ein Adenom gefunden wurde.

Ergebnisse

Nach Ausschluss von bereits an einem Darmkrebs erkrankten oder verstorbenen Personen (die aber in den Registern noch nicht so erfasst waren) umfasste die Screening-Gruppe noch 31'420 und die Kontrollgruppe 62'974 Personen. 40% aller Eingeladenen nahmen am Screening teil. Die Partizipationsraten in den einzelnen Ländern waren sehr unterschiedlich (23% bis 61%). Männer liessen etwas häufiger eine Koloskopie durchführen als Frauen. Es konnten 12'574 Koloskopien ausgewertet werden. Bei 81% der Untersuchten wurde die letzte Abführmittel-Dosis am Untersuchungstag eingenommen («split-dose»-Vorbereitung), was in einer eindeutig besseren Qualität der Darmreinigung resultierte. Bei 48% der Untersuchten wurde mindestens ein Polyp gefunden. Bei 31% handelte es sich um ein Adenom, 10% der Anomalien wurden als Hochrisiko-Adenom beurteilt. Ein Karzinom oder eine vorher nicht bekannte chronisch-entzündliche Darmkrankheit wurde bei je 0,5% aller untersuchten Personen gefunden. Je nach Land und Untersuchenden war die Adenom-Detektionsrate sehr unterschiedlich. Unerwünschte Wirkungen waren insgesamt selten. Rund ein Fünftel der Teilnehmenden klagte über relevante Schmerzen während der Untersuchung, diese waren nicht davon abhängig, welches Gas (Raumluft, CO2) verwendet bzw. ob eine Sedation durchgeführt wurde oder nicht. Starke Schmerzen nach dem Eingriff hingegen waren deutlich seltener, wenn CO2 statt Raumluft verwendet wurde.

Schlussfolgerung

Insgesamt konnte eine gute Adenom-Detektionsrate erreicht werden. Die Partizipationsrate war jedoch je nach Land sehr unterschiedlich. Klinisch relevante unerwünschte Wirkungen sind verhältnismässig selten. Mit einer «split-dose»-Vorbereitung kann eine bessere Darmreinigung erzielt und mit der Verwendung von CO2 können Schmerzen nach dem Eingriff vermieden werden.

Zusammengefasst von Markus Gnädinger

In der aktuellen Diskussion um die Vorsorge-Koloskopie steht die von den Untersuchenden erzielte Qualität des Eingriffs im Brennpunkt, gemessen an Parametern wie Adenom-Detektions- und Zökum-Intubationsrate. Dieses Thema wird möglicherweise im Zuge des Generationenwechsels in der Gastroenterologie allmählich an Bedeutung verlieren.1 Mindestens so wichtig für den bevölkerungsweiten Effekt der Vorsorge ist die Partizipationsrate, welche – wie diese Studie zeigt – von Land zu Land enorme Unterschiede aufweist. Hier ist noch grosse Arbeit zu leisten. Künftig sollte der Weg vom gängigen opportunistischen Screening weiter zu umfassenden Vorsorgeprogrammen führen, wie sie in der Schweiz erst in wenigen Kantonen realisiert werden.

Dominique Criblez

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Koloskopie-Screening ergibt eine gute Adenom-Detektion ( 2016)