Nicht-steroidale Antirheumatika bei Arthrose im Vergleich

  • m -- da Costa BR, Reichenbach S, Keller N et al. Effectiveness of non-steroidal anti-inflammatory drugs for the treatment of pain in knee and hip osteoarthritis: a network meta-analysis. Lancet 2017 (8. Juli); 390: e21-e33 [Link]
  • Zusammenfassung: Barbara Loeliger
  • Kommentar: Etzel Gysling
  • infomed screen Jahrgang 21 (2017) , Nummer 6
    Publikationsdatum: 5. Dezember 2017
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Studienziele

Die Arthrose ist einer der häufigsten Gründe für die Verschreibung von Schmerzmitteln und insbesondere nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR). Diese Studie hatte zum Ziel, die Wirksamkeit der verschiedenen Präparate und Dosierungen mittels einer sogenannten Netzwerk-Metaanalyse zu vergleichen.

Methoden

Mehrere elektronische Datenbanken und die Literaturangaben der bereits gefundenen Publikationen wurden nach randomisierten Studien zur Schmerzbehandlung der Knie- oder Hüftarthrose mit NSAR, Paracetamol (Dafalgan® u.a.) oder Placebo durchsucht. Berücksichtigt wurden Volltext-Publikationen aus dem Zeitraum von 1980 bis 2015 mit einer Stichprobengrösse von mindestens 100 Personen. Eine komplexe statistische Analyse erlaubte es, auch verschiedene Präparate und Dosierungen, für die keine direkten Vergleichsstudien existieren, indirekt miteinander zu vergleichen. Als primärer Endpunkt wurde die Schmerzreduktion nach sechs Wochen analysiert. Um die unterschiedlichen Arten der Schmerzmessung miteinander vergleichbar zu machen, wurden sie in die sogenannte Effektstärke (ES; ein auf der Standardabweichung beruhendes Einheitsmass), umgerechnet. Als minimale, klinisch relevante Schmerzabnahme galt eine ES von -0,37, was einer Reduktion von 9 mm auf einer visuellen Analogskala von 100 mm entspricht.

Ergebnisse

Die Daten aus 76 Studien mit 58'451 Personen wurden ausgewertet, wobei sieben verschiedene NSAR sowie Paracetamol in insgesamt 22 spezifischen Dosierungen untereinander sowie mit Placebo verglichen wurden. Alle Medikamente, ungeachtet ihrer Dosierung, verringerten die Schmerzen im Vergleich zu Placebo. Für sechs Interventionen – Paracetamol <2'000 mg und 3'000 mg/Tag, Diclofenac (Voltaren® u.a.) 70 mg/Tag, Celecoxib (Celebrex® u.a.) 100 mg/Tag, Naproxen (Proxen® u.a.) 750 mg/Tag und Ibuprofen (Brufen® u.a.) 200 mg/Tag – war die statistische Aussagekraft allerdings zu gering, um eine Überlegenheit im Vergleich zu Placebo zu belegen. Weitere sechs medikamentöse Interventionen – Diclofenac 150mg/Tag, Etoricoxib (Arcoxia®) 30 mg, 60 mg und 90 mg/Tag, sowie Rofecoxib (Vioxx®, nicht mehr im Handel) 25 mg und 50 mg/Tag – erzielten eine mindestens 95%-ige Wahrscheinlichkeit, die minimale klinisch relevante Schmerzabnahme von -0,37 zu erreichen. Diclofenac 150 mg/Tag (ES -0,57) und Etoricoxib 90 mg/Tag (ES -0,58) hatten statistisch die höchste Chance, zu den besten Interventionen zu zählen. Beide erreichten die minimale klinisch relevante Schmerzabnahme mit 100% Wahrscheinlichkeit. Eine lineare Dosisabhängigkeit der Schmerzlinderung liess sich nur für Naproxen bestätigen.

Schlussfolgerungen

Die Behandlung von Arthroseschmerzen mit Paracetamol allein kann aufgrund der vorliegenden Daten nicht empfohlen werden. Mit Diclofenac 150 mg/Tag und Etoricoxib 90 mg/Tag konnte die beste Schmerzlinderung erzielt werden, wobei im klinischen Alltag der Nutzen dieser Medikamente gegenüber ihren möglichen Nebenwirkungen abgewogen werden muss.

Zusammengefasst von Barbara Loeliger

Die vorliegende Netzwerk-Metaanalyse umfasst eine ungewöhnlich grosse Zahl von Studien. Bezüglich der Wirksamkeit von nicht-steroidalen Entzündungshemmern bei Knie- oder Hüftarthrosen kann sie deshalb als gute Evidenzbasis bezeichnet werden. Dennoch würde ich das Fazit der Analyse, eine Tagesdosis von 150 mg Diclofenac als wirksamste Option einzusetzen, niemals auf die Praxis übertragen. Diclofenac ist eines der Antirheumatika mit dem höchsten kardiovaskulären Risiko; nicht vergebens wurde die empfohlene Höchstdosis in Kanada auf 100 mg/Tag herabgesetzt. Im Gegensatz zu den kardiovaskulären Problemen sind anderseits die gastrointestinalen Symptome wohl eher zu vermeiden. Wenn daher ein Antirheumatikum notwendig ist (und dies ist nicht so selten), dann ist mir Naproxen – das offenbar etwas weniger wirksam, aber kardiovaskulär besser verträglich ist – doch lieber. Trotz des Nullresultats würde ich im Übrigen Paracetamol bei Arthrosen nicht völlig verbannen – diesbezüglich habe ich viel Respekt vor Placebowirkungen.

Etzel Gysling

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infomed-screen 21 -- No. 6
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Nicht-steroidale Antirheumatika bei Arthrose im Vergleich ( 2017)