Erhöhen ACE-Hemmer das Lungenkrebs-Risiko?
- Zusammenfassung: Natalie Marty
- Kommentar: Etzel Gysling
- infomed screen Jahrgang 23 (2019)
, Nummer 1
Publikationsdatum: 21. Februar 2019 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Wiederholt wurden Bedenken geäussert, dass die langfristige Einnahme von ACE-Hemmern mit einem erhöhten Krebsrisiko einhergehen könnte. Die vorhandenen Studiendaten sind aber widersprüchlich und von geringer Evidenz. In dieser grossen Kohortenstudie wurde untersucht, ob die Verwendung von ACE-Hemmern im Vergleich zu Angiotensin-Rezeptorantagonisten das Risiko für Lungenkrebs negativ beeinflusst.
Was hat man gefunden?
Die Kohorte umfasste 992’061 Personen, die neu blutdrucksenkende Medikamente erhalten hatten. Sie wurden über einen Zeitraum von durchschnittlich 6,4 Jahren beobachtet. Insgesamt erkrankten 7952 Frauen und Männer an Lungenkrebs (entsprechend 1,3 Fällen auf 1000 Personenjahre). Im Vergleich mit den Personen, die Angiotensin-Rezeptorantagonisten erhielten, war das errechnete Risiko von Lungenkrebs bei solchen, die mit ACE-Hemmern behandelt wurden, um 14% höher (Hazard Ratio [HR] 1,14, 95% CI 1,01-1,29). Es stieg ab einer Einnahmedauer von 5 und mehr Jahren kontinuierlich an (HR 1,22 bei 5-10 Jahren Einnahmedauer und 1,31 bei mehr als 10 Jahren).
Wie wird es gedeutet?
Die Auswertung dieser Kohortenstudie stellt ein erhöhtes Lungenkrebs-Risiko unter Einnahme von ACE-Hemmern fest. Die Studienverantwortlichen betonen, dass bei einer so häufig verschriebenen Medikamentenklasse auch kleine relative Effekte für eine grosse Anzahl von Betroffenen von Bedeutung sein könnten und dass ihre Ergebnisse deshalb in weiteren Studien überprüft werden müssen.
Zusammengefasst von Natalie Marty
Screen-Kommentar
Auch bei Medikamenten, die seit vielen Jahren verwendet werden, können noch bisher unbekannte Risiken entdeckt werden. Die Frage, ob ACE-Hemmer das Risiko einer Lungenkrebs-Erkrankung erhöhen könnten, ist deshalb durchaus berechtigt. Die vorliegende Kohortenstudie scheint Argumente dafür zu liefern, dass ein Lungenkrebs tatsächlich unter ACE-Hemmern häufiger als unter anderen Antihypertensiva auftritt. Eine seltene oder sehr seltene Nebenwirkung zuverlässig einem Medikament zuzuordnen, ist jedoch eine ungewöhnlich schwierige Aufgabe – die entsprechenden Daten müssen gut überprüft und zurückhaltend interpretiert werden. Unter den zahlreichen Vorbehalten, die sich zur vorliegenden Studie nennen lassen, sind meines Erachtens diejenigen am bedeutsamsten, die sich auf das Rauchen beziehen. Weitaus die meisten Lungenkrebs-Fälle sind eine Folge des Rauchens. Die in dieser Studie verfügbaren Informationen zu den Rauchergewohnheiten sind jedoch wenig zuverlässig, eine ergänzende Statistik bei nicht-rauchenden Personen hat kein signifikantes Resultat ergeben und Angaben zum Passivrauchen fehlen vollständig. Auch wäre es aufschlussreich, ACE-Hemmer und Angiotensin-Rezeptorantagonisten hinsichtlich der Gesamtmortalität vergleichen zu können – entsprechende Daten sind jedoch nicht bekannt. Zusammenfassend wäre es nicht sinnvoll, aktuell auf ein höheres Lungenkrebs-Risiko der ACE-Hemmer zu schliessen.
Etzel Gysling
Standpunkte und Meinungen
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