Überlebensvorteil durch Prostatektomie beim lokalisierten Prostatakarzinom
- Zusammenfassung: Markus Gnädinger
- Kommentar: Hans-Peter Schmid
- infomed screen Jahrgang 23 (2019)
, Nummer 2
Publikationsdatum: 12. März 2019 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Warum diese Studie?
Es wird schon länger vermutet, dass die radikale Prostatektomie beim lokalisierten Prostatakarzinom die Morbidität und Mortalität gegenüber aktiver Überwachung reduzieren könnte, allerdings ist die Evidenz aus randomisierten Studien gering. In dieser skandinavischen Studie wurden deshalb 695 Patienten in den Jahren 1989-1999 randomisiert einer Gruppe mit Prostatektomie (347 Patienten) oder aktiver Überwachung (348 Patienten) zugeteilt und für median 24 Jahre nachverfolgt.
Was hat man gefunden?
Ende 2017 waren 80% der Patienten verstorben. 32% dieser Todesfälle waren durch den Prostatakrebs bedingt. Insgesamt 181 Patienten starben am Prostatakarzinom, davon 71 (19,6%) in der Gruppe mit Operation und 110 (31,3%) in der Gruppe ohne Operation. In der Prostatektomie-Gruppe waren schliesslich 85% operiert worden, in der Gruppe mit ursprünglicher Überwachung wurde bei 15% doch eine Operation durchgeführt. Nach 23 Jahren betrug die kumulative Rate aller Todesursachen in der Prostatektomie-Gruppe 71,9% und in der Überwachungs-Gruppe 83,8% (absolute Differenz 12% [95% CI 5,5-18,4]). Das relative Risiko betrug für den Prostatakarzinom-bedingten Tod 0,55 (0,41-0,74) und für alle Todesursachen 0,74 (0,62-0,87). Die Prostatektomie führte zu einem Gewinn von durchschnittlich 2,9 Lebensjahren. Die «Number needed to treat», um einen Todesfall zu verhindern, lag bei 8,4. In der operierten Gruppe war extrakapsuläres Tumorwachstum mit einem 5-fach höheren Mortalitätsrisiko assoziiert; bei einem Gleason-Score über 7 war das Risiko 10-mal höher als bei einem tieferen Score.
Wie wird es gedeutet?
Die Studienverantwortlichen schliessen, dass die radikale Prostatektomie beim lokalisierten Prostatakarzinom gegenüber der aktiven Überwachung einen deutlichen Zugewinn an Lebensjahren bedeutet.
Zusammengefasst von Markus Gnädinger
Gast-Kommentar
Voraussetzung für eine kurative Therapie des lokalisierten Prostatakarzinoms ist eine tumorunabhängige Lebenserwartung von mindestens zehn Jahren. In dieser randomisiert-kontrollierten Studie aus Skandinavien mit einer medianen Verlaufsbeobachtung von 23,6 Jahren zeigte sich insgesamt ein durchschnittlicher Überlebensvorteil von 2,9 Jahren zugunsten der radikalen Prostatektomie gegenüber einem «watchful waiting». Allerdings wurde dieser positive Effekt in erster Linie durch jüngere Patienten verursacht; bei den über 65-jährigen Männern war der Unterschied zwischen Prostatektomie und «watchful waiting» nur noch marginal. Das rein chronologische Alter scheint also ein wesentlicher Faktor für die Indikationsstellung zu sein. Dies widerspiegelt sich im Alltag in epidemiologischen Daten grosser Serien aus US-amerikanischen Zentren, wo weniger als 2% aller Männer bei der Prostatektomie älter als 75 Jahre waren. Man muss sich somit grundsätzlich bei jedem 70-75-jährigen Patienten ernsthaft überlegen, ob man eine radikale Prostatektomie initiieren soll.
Hans-Peter SchmidStandpunkte und Meinungen
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