Sind Patientenorganisationen unabhängig?

  • a -- Mandeville KL, Barker R, Packham A et al. Financial interests of patient organi-sations contributing to technology assessment at England's National Institute for Health and Care Excellence: policy review. BMJ. 2019 Jan 16;364:k5300 [Link]
  • Zusammenfassung: Renato L. Galeazzi
  • infomed screen Jahrgang 23 (2019) , Nummer 3
    Publikationsdatum: 31. Mai 2019
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Warum diese Studie?

Dass sogenannte Patientenorganisationen von Pharmafirmen und Medi­zinprodukteherstellern z.T. stark finanziell unterstützt wer­den, ist bekannt. Das britische «National Institute for Health and Care Excellence» (NICE) lädt häufig solche Organisationen zu Stellungnahmen zu von ihm unter­suchten Therapiemöglichkeiten ein. In dieser Studie wurde ihre finanzielle Unabhängigkeit untersucht.

Was hat man gefunden?

Die Gruppe aus London ging detektivisch vor und suchte in allen möglichen Quellen, unter anderem durch Befragung der beteiligen Organisationen, das Ausmass von finanziellen Beiträgen zu ermitteln (Zuwendungen von Firmen, deren Produkte in Evaluation waren, oder von Konkurrenzfirmen). Untersucht wurden 53 Organisationen, die in den Jahren 2015/16 mit insgesamt 117 Beiträgen an 39 von 97 publizierten NICE-Berichten beteiligt gewesen waren. 46 der 53 Organisationen haben namhafte Zuwendungen erhalten, im Median 3,1% ihres jährlichen Einkommens (das zwischen wenigen Tausend Pfund und einem dreistelligen Millionenbetrag liegt). Der Anteil der Zuwendungen lag zwischen knapp 1% und fast 70%! Die NICE-Komitees kann­ten nur 21% der spezifischen finanziellen Interessens­kon­flik­te; die nicht bekannten Fälle waren meist nicht durch die «disclo­sure policy» von NICE ab­ge­eckt.

Wie wird es gedeutet?

Obwohl der Einfluss der Patientenorganisationen auf den Entscheidungsprozess des NICE nicht untersucht werden konnte, wird die fehlende Transparenz der Firmenbeiträge an solche Organisationen kritisiert. Diese sind keineswegs so unabhängig, wie es scheinen mag.

screen-Kommentar

Eine interessante Studie mit genauen Ergebnissen über das Aus­mass der finanziellen Unterstützung von «Patientenorganisa­tionen» durch Firmen. Dieses Problem ist auch in der Schweiz bekannt. Es wurde schon im Jahr 2016 vom Schweizer Fern­sehen thematisiert. NICE selber ist aber normalerweise ein sehr gutes Beispiel für die Transparenz der Interessenkonflikte der Komiteemitglieder, ganz im Gegensatz zum «Swiss Medi­cal Board», auf dessen Webseite man vergeblich nach der De­klaration von Interessenkonflikten der Mitglieder des Experten­rates sucht (trotz den Richtlinien der SAMW).

Zusammengefasst und kommentiert von Renato L. Galeazzi

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infomed-screen 23 -- No. 3
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Sind Patientenorganisationen unabhängig? ( 2019)