Erhöhtes kardiovaskuläres Risiko bei Praxishypertonie
- Zusammenfassung: Peter Ritzmann
- infomed screen Jahrgang 23 (2019)
, Nummer 5
Publikationsdatum: 1. Oktober 2019 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Warum diese Studie?
Als «Weisskittelhypertonie» (auch Praxishypertonie oder englisch «White Coat Hypertension») bezeichnet werden erhöhte Blutdruckwerte in der Praxissituation mit normalen Werten bei der Messung zuhause oder bei der ambulanten 24-Stunden-Blutdruckmessung. Es ist seit langem bekannt, dass das kardiovaskuläre Risiko auch bei Weisskittel-hypertonie höher ist als bei normalen Blutdruckwerten. Die Bedeutung dieser Beobachtung ist aber umstritten, nicht zuletzt wegen widersprüchlicher Ergebnisse von Studien zu dieser Frage. Die vorliegende systematische Übersicht fasst die aktuelle Evidenz neu zusammen.
Was hat man gefunden?
27 Beobachtungsstudien unterschiedlicher Grösse, mit teilweise unterschiedlichen Grenzwerten bezüglich Hypertonie und unterschiedlichen Endpunkten, konnten zusammengefasst werden. Bei Personen mit einer unbehandelten Weisskittelhypertonie war das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und die Gesamtmortalität signifikant erhöht («Odds Ratios» von 1,36 und 1,33). Im Gegensatz dazu fand sich kein signifikant erhöhtes Risiko bei Personen, die unter einer antihypertensiven Behandlung einen «Weisskitteleffekt» zeigten. Interessanterweise scheint gemäss den Resultaten der verschiedenen Studien das Schlaganfallrisiko bei Weisskittelhypertonie kaum oder gar nicht erhöht zu sein.
Wie wird es gedeutet?
Im Gegensatz zu früheren Studien konnte diese systematische Übersicht auch für die Gesamtmortalität ein signifikant erhöhtes Risiko für Unbehandelte mit einer «Weisskittelhypertonie» dokumentieren. Bei antihypertensiv Behandelten mit einem «Weisskitteleffekt» fand sich hingegen weder für kardiovaskuläre Ereignisse noch für die Gesamtmortalität ein signifikanter Unterschied zu Personen mit normalen Blutdruckwerten.
Screen-Kommentar
Die «Weisskittelhypertonie» stellt in der Praxis ein erhebliches Dilemma dar. Die aktuelle Studie belegt ein erhöhtes kardiovaskuläres und Sterberisiko für diese Form einer labilen Hypertonie. Sollen deshalb alle Personen mit einem erhöhten Blutdruck in der Praxis behandelt werden? Braucht es keine Heim- oder ambulanten Blutdruckmessungen mehr? Nein, denn bei unbehandelten Personen mit einem sonst niedrigen Risiko ist es richtig, den Blutdruck regelmässig ambulant zu kontrollieren und mit einer Behandlung zu warten, bis sich eine fixierte Hypertonie entwickelt. Das Risiko hierfür ist 3- bis 4-mal höher als bei Personen mit normalen Blutdruckwerten und erklärt zumindest einen Teil des erhöhten kardiovaskulären Risikos. Bei antihypertensiv Behandelten mit höheren Blutdruckwerten in der Praxis helfen ambulante Messungen andererseits, eine Überbehandlung mit zu niedrigen Werten im Alltag zu verhindern.
Zusammengefasst und kommentiert von Peter Ritzmann
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