Duale Plättchenhemmung nach Stentbehandlung: wie lange? 1. Teil
- Kommentar: Etzel Gysling
- infomed screen Jahrgang 23 (2019)
, Nummer 5
Publikationsdatum: 1. Oktober 2019 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Warum diese Studie?
Die Entwicklung neuer medikamentenbeschichteter Stents und die Optimierung der übrigen medikamentösen Behandlung haben zu einer Reduktion der kardialen Ereignisse nach Stentbehandlung geführt. Die Vermeidung von Blutungskomplikationen ist um so bedeutsamer geworden. Die optimale Zeitdauer der dualen Plättchenhemmung («dual antiplatelet therapy», DAPT) wird aber noch kontrovers diskutiert. In dieser grossen japanischen Multizenterstudie (2974 Teilnehmende mit perkutaner koronarer Intervention) wurde die duale Plättchenhemmung während eines Monats (gefolgt von einer Behandlung nur mit Clopidogrel [Plavix® u.a.]) verglichen mit der dualen Behandlung während eines Jahres.
Was hat man gefunden?
Der primäre Endpunkt war zusammengesetzt aus kardiovaskulären Todesfällen, Herzinfarkt, Hirnschlag, Stentthrombose und Blutungen. Er trat bei der kurzen DAPT signifikant seltener auf, und zwar bei 2,36% gegenüber 3,70% bei der DAPT über zwölf Monate (Hazard Ratio 0,64, 95% CI 0,42-0,98). Blutungen waren häufiger bei der langen DAPT, die Mortalität und insbesondere die kardialen Komplikationen waren kaum verschieden.
Wie wird es gedeutet?
Die Ergebnisse dieser Studie sprechen für eine kurze DAPT, da die Blutungskomplikationen eindeutig seltener sind und kardiale Komplikationen kaum häufiger. Es gibt aber mehrere Faktoren, welche die Aussagekraft etwas einschränken. So hatten etwa zwei Drittel der Teilnehmenden eine stabile koronare Herzkrankheit und nur etwa ein Drittel ein akutes koronares Syndrom. In Japan ist auch das Risiko ischämischer Komplikationen generell kleiner. Die Studienverantwortlichen empfehlen, auch in anderen Populationen Studien durchzuführen.
Screen-Kommentar
Vielleicht ist uns manchmal zu wenig bewusst, dass wir auch bei der Gerinnungshemmung mit Plättchenhemmern mit (blutrotem) Feuer spielen. Dass eine duale (oder gar dreifache) Störung der Blutgerinnung ein erhebliches Blutungsrisiko darstellt, ist jedoch eine Binsenwahrheit. Es ist sicher gut zu wissen, dass das Gesamtrisiko für Personen mit einer koronaren Herzkrankheit geringer ist, wenn man die Plättchen nur einen Monat lang «doppelt» hemmt. Ob uns dieses für den Durchschnitt der Betroffenen gültige Resultat wirklich hilft, wenn es gilt, das Nutzen/Risiko-Verhältnis im Einzelfall einzuschätzen, erscheint mir aber zweifelhaft. Für die Beurteilung des Blutungsrisikos beim Vorhofflimmern steht eine Skala (HAS-BLED) zur Verfügung. Es wäre sicher gut, wenn ein ähnliches Instrument auch für die Situation nach Stenteinlage verwendet werden könnte.
Etzel Gysling
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