Plättchenhemmer nach Hirnblutung: kein Risiko nachweisbar

  • r -- Al-Shahi Salman R, Dennis MS, Sandercock P et al. (RESTART Collaboration). Effects of antiplatelet therapy after stroke due to intracerebral haemorrhage (RESTART): a randomised, open-label trial. Lancet. 2019 Jun 29;393:2613-23 [Link]
  • Zusammenfassung: Felix Schürch
  • infomed screen Jahrgang 23 (2019) , Nummer 5
    Publikationsdatum: 1. Oktober 2019
  • PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)

Warum diese Studie?

Menschen, die einen Schlaganfall als Folge einer Hirnblutung erleiden, haben nicht selten eine Vorgeschichte mit einem Herzinfarkt oder einem ischämischen Insult. Bei vielen von ihnen ist deshalb eine Sekundärprävention mit Plättchenhemmern etabliert worden. Nach einer Hirnblutung muss über die Wiederaufnahme der antithrombotischen Therapie entschieden werden. Bei diesem Entscheid stellen sich zwei Fragen: Wie gross ist das Risiko, dadurch eine erneute Blutung zu begünstigen? Und wie ist dieses Risiko zu gewichten im Vergleich zum anerkannten Nutzen der Plättchenhemmer in der Sekundärprävention eines Gefässverschlusses? Darauf will die Untersuchung an 122 Kliniken in Grossbritannien eine Antwort geben. Bereits der Titel der Studie zeigt an, worum es geht: «REstart or STop Antithrombotics Randomised Trial».

Was hat man gefunden?

Alle 537 Teilnehmenden hatten entsprechend den Einschluss­kriterien eine Therapie mit Plättchenhemmern, die man zum Zeitpunkt der Hirnblutung sofort sistierte. Nach dem Zufallsprinzip wurde bei einer Hälfte der Studienteilnehmenden weiterhin auf die Gabe von Plättchenhemmern verzichtet. Bei der anderen Hälfte nahm man nach der Akutphase diese Medikation wieder auf. Eingesetzt wurden Acetylsalicylsäure (Aspirin Cardio® u.,a.), Clopidogrel (Plavix® u.a.) oder Dipyridamol (in Asasantin® enthalten, in der Schweiz heute ausser Handel). Die Patientinnen und Patienten und auch die betreuenden Fachkräfte kannten die Zuteilung, nicht jedoch die Forschenden bei der Auswertung der Daten. Die Teilnehmenden waren im Durchschnitt 76 Jahre alt und konnten über einen Zeitraum zwischen sechs Monaten und vier Jahren beobachtet werden. Beim primären Endpunkt ergab sich das folgende überraschende (statistisch allerdings nicht-signifikante) Resultat: Nur 12 (4%) der 268 Teilnehmenden mit Plättchenhemmern hatten eine erneute Hirnblutung, bei den 268 ohne diese Medikation kam es bei 23 (9%) zu einem solchen Ereignis (Hazard Ratio 0,51, 95% CI 0,25-1,03, p=0,06). Die Gesamtheit aller Herz-Kreislaufkomplikationen (ischämischer oder hämorrhagischer Natur) bildete einen sekundären Endpunkt. Hier zeigte sich für die Gruppe mit Plättchenhemmern im Ganzen ein günstiger Trend.

Wie wird es gedeutet?

Die Studienverantwortlichen schliessen aus ihren Resultaten, dass die Wiederaufnahme der präventiven Gabe von Plättchenhemmern nach einer Hirnblutung nicht mit einer Risikoerhöhung für ein erneute Blutung verbunden sei.

Screen-Kommentar

Wie weiter nach einer Hirnblutung: Die präventive Gabe vonPlättchenhemmern definitiv sistieren? Ja, unbedingt! Jedenfalls denkt so der gesunde Menschen­verstand. Doch bisweilen muss sich auch der «gesunde Menschenverstand» von der Realität belehren lassen: Aspirin & Co. schützen nach einer Hirnblutung vor kardiovaskulären Ereignissen, ohne das Risiko einer erneuten Blutung zu erhöhen. Die Studie aus Edinburgh liefert dazu die Zahlen. In der Gruppe mit Plättchenhemmern gab es, betrachtet in absoluten Fallzahlen, sogar weniger erneute Hirnblutungen. Man darf gespannt sein auf weitere Studien, die hoffentlich mit grösseren Fallzahlen aussagekräftigere und noch eindeutigere Resultate bringen werden.

Zusammengefasst und kommentiert von Felix Schürch

Standpunkte und Meinungen
  • Es gibt zu diesem Artikel keine Leserkommentare.
infomed-screen 23 -- No. 5
Copyright © 2024 Infomed-Verlags-AG
Plättchenhemmer nach Hirnblutung: kein Risiko nachweisbar ( 2019)