Die Menschen in Studienkohorten unterscheiden sich von jenen in der Praxis
- Zusammenfassung: Felix Tapernoux
- Kommentar: Thomas Rosemann
- infomed screen Jahrgang 23 (2019)
, Nummer 6
Publikationsdatum: 4. Dezember 2019 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Warum diese Studie?
In dieser Metaanalyse ging es darum, die Unterschiede zwischen Dialysepatientinnen und -patienten in der Gesamtpopulation und innerhalb von grossen randomisierten Multizenterstudien herauszufinden.
Was hat man gefunden?
In der Medline und im «Cochrane Central Register of Controlled Trials» wurden kontrollierte randomisierte Studien gesucht, in die Personen mit Dialyse aufgrund einer terminalen Nierenerkrankung aufgenommen worden waren und die zwischen 2007 und 2016 publiziert worden waren. Die insgesamt 80‘104 Teilnehmenden dieser Studien wurden mit der mehr als 500'000 Personen zählenden Kohorte der mit Dialyse Behandelten des Jahres 2011 aus dem «US Renal Data System» (USRDS) verglichen. Die an Studien Beteiligten waren durchschnittlich zwei Jahre jünger als die USRDS-Population. Ausserdem war in den Studien der Männeranteil etwas höher und Ko-Morbiditäten wie Diabetes, diabetische Nephropathie, Hypertonie, Herzinsuffizienz und Gefässprobleme seltener. Eine Ausnahme war die koronare Herzkrankheit, die bei den Studienteilnehmenden häufiger war. Die Mortalitätsrate war bei diesen weniger als halb so gross (8,9 gegenüber 18,6 auf 100 Personenjahre).
Wie wird es gedeutet?
Die Resultate werfen Fragen auf hinsichtlich der Verallgemeinerung von Studienresultaten auf die breitere Bevölkerung und sollten für das Design künftiger Studien berücksichtigt werden.
Zusammengefasst von Felix Tapernoux
Gast-Kommentar
Die Studie zeigt erneut, was aus vielen anderen Arbeiten lange bekannt ist: Die Patientinnen und Patienten in randomisierten Interventionsstudien unterscheiden sich in zahlreichen für die jeweilige Erkrankung relevanten Parametern von jenen, die wir im (Haus-)ärzlichen Alltag antreffen. Die Ergebnisse der Studie gelten daher streng genommen nur für Personen mit den jeweiligen Ein-, respektive Ausschlusskriterien. Es kann sein, dass sie auch für ältere, multimorbidere Personen gelten, die man aus der Studie ausgeschlossen hat. Es kann aber auch - was wesentlich wahrscheinlicher ist - so sein, dass es in diesen Personengruppen zu unvorhersehbaren Nebenwirkungen kommt. Wir wissen es schlichtweg nicht. Verallgemeinerung ist eine typisch menschliche Vorgehensweise in der Übertragung einer einmal gewonnenen Erkenntnis auf andere, ähnliche Situationen, sie kann aber im Falle von randomisiert-kontrollierten Studien fatale Folgen haben.
Thomas Rosemann, Institut für Hausarztmedizin,
Universität Zürich
Standpunkte und Meinungen
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