Gluten in der Kindernahrung beeinflusst das Zöliakie-Risiko

  • k -- 1 Andrén Aronsson C, Lee HS, Hård Af Segerstad EM et al. Association of gluten intake during the first 5 years of life with incidence of celiac disease autoimmunity and celiac disease among children at increased risk. JAMA. 2019 Aug 13;322:514-23 [Link]
  • Zusammenfassung: Christoph Quack
  • infomed screen Jahrgang 23 (2019) , Nummer 6
    Publikationsdatum: 4. Dezember 2019
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k 2 Marild K, Dong F, Lund-Blix NA et al. Gluten intake and risk of celiac disease: long-term follow-up of an at-risk birth cohort. Am J Gastroenterol. 2019 Aug;114:1307-14

k 3 Lund-Blix NA, Marild K, Tapia G et al. Gluten intake in early childhood and risk of celiac disease in childhood: a nationwide cohort study. Am J Gastroenterol. 2019 Aug;114:1299-306

Warum diese Studien?

Bei der Zöliakie ist eine genetische Prädisposition bekannt (HLA DQ2, DQ7 und DQ8). Allerdings entwickeln nur wenige Personen mit dieser genetischen Veranlagung eine Zöliakie. Wahrscheinlich hat die Ernährung in der Kindheit einen Einfluss darauf, ob die Krankheit entsteht oder nicht. Insbesondere der Zeitpunkt, ab wann Gluten erstmals konsumiert wird, und die Gluten-Menge pro Tag werden als relevante Faktoren vermutet. In den hier vorgestellten drei prospektiven Studien ging man diesen beiden Faktoren nach. Carin Andrén Aronsson et al. [1] und Karl Mårild et al. [2] untersuchten Kinder mit genetischer Prädisposition (HLA DQ2 oder DQ8) in Kohortenstudien mit 6'605 bzw. 1'875 Kindern über 5 bzw. 13 Jahre. Die Untersuchung von Nicolai A. Lund-Blix et al. [3] ist eine Beobachtungsstudie mit 67'608 Kindern über 8 Jahre.

Was hat man gefunden?

Allen drei Studien gemeinsam ist die mehrmalige Erhebung über Gluten in der Ernährung mittels Fragebogen. Einerseits wurde der Zeitpunkt erhoben, ab wann ein Kind Gluten-haltige Nahrungsmittel eingenommen hatte. Andererseits wurde die Gluten-Menge in den konsumierten Lebensmitteln berechnet. In den ersten beiden Studien wurden regelmässig die Transglutaminase-Antikörper (TGA) gemessen. Sie unterscheiden zwischen der Zöliakie-Autoimmunität als präklinischer Manifestation der Krankheit (zweimaliger Nachweis von TGA) und der Diagnose Zöliakie (Biopsie oder konstant hohe TGA-Werte). Verglichen wurde das Auftreten der TGA im Verhältnis zur Gluten-Einnahme. In der dritten Studie wurde erforscht, ob die Menge an konsumiertem Gluten im Alter von 18 Monaten mit dem Risiko einer Zöliakie korreliert und ob das Alter bei erstmaligem Kontakt mit Gluten dabei eine Rolle spielt. In der ersten Studie entwickelten 18% der Kinder eine Zöliakie-Autoimmunität und 7% eine Zöliakie. Das Risiko erhöhte sich, je mehr Gluten konsumiert wurde, vor allem während des zweiten und dritten Lebensjahres. In der zweiten Studie wurde bei 10% eine Zöliakie-Autoimmunität und bei 5% eine Zöliakie diagnostiziert. Diese Studie teilte die Kinder je nach konsumierter Gluten-Menge im 2. Lebensjahr in drei Gruppen (durchschnittlich 6,4 g/Tag, 10,9 g/Tag und 18,1 g/Tag) ein. Die Gruppe mit der höchsten Gluten-Menge pro Tag hatte gegenüber der Gruppe mit der geringsten Menge ein doppelt so hohes Risiko, eine Zöliakie-Autoimmunität oder eine Zöliakie zu entwickeln. In der grossen Kohorte von Lund-Blix et al. wurde bei 1,1% der Kinder eine Zöliakie diagnostiziert. Die Kinder, die später an Zöliakie erkrankten, hatten mit 18 Monaten mehr Gluten eingenommen (9,2 g gegenüber 8,8 g pro Tag); das Erkrankungsrisiko war im Viertel mit der grössten Gluten-Menge in der Ernährung gegenüber dem Viertel mit der kleinsten Menge signifikant erhöht. Kinder, die erstmals nach dem 6. Lebensmonat mit Gluten in Kontakt kamen, hatten ein höheres Erkrankungsrisiko, unabhängig vom Genotyp.

Wie wird es gedeutet?

Die Autorinnen und Autoren der drei Studien stellen fest, dass die von Kleinkindern täglich konsumierte Menge an Gluten die Entwicklung einer Zöliakie beeinflussen kann.

screen-kommentar

Die Erhebung der konsumierten Nahrungsmittel mit Hilfe eines Fragebogens und die exakte Ermittlung der darin enthaltenen Mengen an Gluten ist erstens nicht sehr genau und wurde zweitens in den drei Studien unterschiedlich umgesetzt. Daraus Empfehlungen mit einer genauen Mengenangabe abzuleiten, ist nicht möglich. Dennoch ergänzen sich die Erkenntnisse aus den drei Studien: Idealerweise kommt ein Kleinkind schon vor dem 6 Lebensmonat in Kontakt mit Gluten, aber dann ja nicht zu viel. Ferner ist unklar, was genau im kindlichen Darm abläuft und welche weiteren Faktoren wie Entzündungen anderer Ursache das sich entwickelnde Immunsystem beeinflussen. Als Referenz, um die obengenannten Einheiten zu veranschaulichen: Eine Scheibe Brot (60 g) enthält etwa 4 g Gluten.

Zusammengefasst und kommentiert von Christoph Quack

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infomed-screen 23 -- No. 6
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Gluten in der Kindernahrung beeinflusst das Zöliakie-Risiko ( 2019)