Ovarialkarzinom: Carboplatin-Monotherapie optimal

  • r -- The International Collaborative Ovarian Neoplasm (ICON) Group. Paclitaxel plus carboplatin versus standard chemotherapy with either single-agent carboplatin or cyclophosphamide, doxorubicin, and cisplatin in women with ovarian cancer: the ICON3 rando [Link]
  • Kommentar: Beat Thürlimann
  • infomed screen Jahrgang 7 (2003) , Nummer 1
    Publikationsdatum: 1. Januar 2003
  • PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)

Studienziele

Ovarialkarzinome werden primär chirurgisch und wegen ihrer schlechten Prognose in den meisten Fällen zusätzlich mit einer Chemotherapie behandelt. Platinverbindungen sind dabei die wichtigste Komponente. Wegen der besseren Verträglichkeit wird heute meistens Carboplatin (Paraplatin® u.a.) statt Cisplatin (Platinol® u.a.) gewählt. In einzelnen Studien verlängerte die Kombination von Cisplatin mit Paclitaxel (Taxol®) das rezidivfreie Überleben gegenüber einer
Kontrollbehandlung ohne Paclitaxel. In der vorliegenden europäischen Studie wurde die Wirksamkeit der Kombination Carboplatin/Paclitaxel bei Frauen mit Ovarialkarzinom untersucht. Als Vergleich diente entweder eine Carboplatin- Monotherapie oder eine Kombination von Cyclophosphamid (Endoxan®), Doxorubicin (Adriblastin® u.a.) und Cisplatin (CAP-Kombination).

Methoden

Vorher unbehandelte Frauen mit einem histologisch bestätigten Ovarialkarzinom wurden in die multizentrische Studie aufgenommen. Die Patientinnen wurden operiert und erhielten anschliessend 6 Zyklen Chemotherapie. Randomisiert wurde nur in Bezug auf die Zuteilung zur Carboplatin/ Paclitaxel-Gruppe bzw. zur Kontrollgruppe. Letztere erhielt die eine oder andere der erwähnten Vergleichstherapien, die vor der Randomisierung ausgewählt werden musste. Die Carboplatin-Dosis wurde auf Grund der glomerulären Filtrationsrate individuell dosiert, die Paclitaxel-Dosis betrug 175 mg/m2. Bei der CAP-Therapie wurden jeweils 500 mg/m2 Cyclophosphamid, 50 mg/m2 Doxorubicin und 50 mg/m2 Cisplatin verabreicht. Primärer Endpunkt der Studie war das Überleben der Behandelten.

Ergebnisse

Von 2'074 Patientinnen, die zwischen 1995 und 1998 in die Studie aufgenommen wurden, starben innerhalb einer medianen Beobachtungszeit von 4 Jahren etwas mehr als die Hälfte (1'265). Die mediane Überlebensdauer war in den verschiedenen Behandlungsgruppen vergleichbar. Sehr ähnlich waren auch die Medianwerte des Überlebens ohne Fortschreiten der Krankheit (Carboplatin/Paclitaxel: 17,3 Monate, Vergleichsbehandlungen: 16,1 Monate). Am besten verträglich war die Carboplatin-
Monotherapie. Unter Carboplatin/Paclitaxel waren Nebenwirkungen wie Alopezie und sensorische Neuropathien signifikant häufiger. Unter der CAP-Kombination brauchten die Behandelten am häufigsten Antibiotika wegen Fieber.

Schlussfolgerungen

Eine Carboplatin-Monotherapie oder eine CAP-Kombination ist bei Frauen mit operiertem Ovarialkarzinom ebenso wirksam wie die Kombination von Carboplatin und Paclitaxel. Am besten verträglich ist die Carboplatin-Monotherapie.

Dies ist die grösste randomisierte Studie, die je beim Ovarialkarzinom durchgeführt worden ist. Sie zeigt, dass der historisch gewachsene Standard «Carboplatin plus Paclitaxel» gegenüber einer adäquat dosierten Carboplatin-Monotherapie keine höhere Wirksamkeit bezüglich krankheitsfreiem Intervall und Gesamtüberleben in den ersten 5 Jahren nach Therapiebeginn hat.

Die Empfehlung «Carboplatin plus Paclitaxel als Standardtherapie» beruhte auf indirekter Evidenz. Die Kombination zeigte sich vorteilhaft gegenüber einer Kombination Paclitaxel/Cisplatin (Tolerabilität) sowie gegenüber Paclitaxel/Cyclophosphamid (Wirksamkeit). Die 4 grossen randomisierten Schlüsselstudien zu «Paclitaxel + Platin» versus «Platin-basierte Kontrolltherapie ohne Paclitaxel» hingegen zeigen heterogene Resultate. In zwei Studien fand sich eine überlegene Wirkung einer Kombination Cisplatin/Paclitaxel gegenüber einer Kombination Cisplatin/Cyclophosphamid. In der ICON-3-Studie und der amerikanischen GOG-132-Studie waren eine Cisplatin- und eine Carboplatin-Monotherapie einer Kombination mit Paclitaxel aber ebenbürtig. Eine neue Zusammenstellung und Analyse der Daten dieser 4 Studien konnte aufzeigen, dass die unterschiedlichen Resultate am ehesten mit einer nicht-optimalen Wirksamkeit der Cisplatin/Cyclophosphamid-Kontrolltherapie in den ersten beiden Studien erklärt werden können.(1)

Der direkte Vergleich in der ICON-3-Studie zeigt nun, dass bei gleicher Wirksamkeit die Monotherapie mit Carboplatin bezüglich Toxizität, Verabreichbarkeit und Kosten deutlich besser abschneidet als die Kombinationstherapie mit Paclitaxel. Es konnte auch keine Subgruppe identifiziert werden, die von der Kombination profitiert hätte. Daher sollte jeder Frau, welche an einem fortgeschrittenen Ovarialkarzinom leidet, die Carboplatin-Monotherapie als Behandlungsoption angeboten werden.

Leider hat die Carboplatin-Monotherapie keine entsprechende Lobby, weder bei den behandelnden Ärzten noch in der Pharmaindustrie. Dazu passt auch, dass die Publikation dieser an über 2'000 Kranken durchgeführten internationalen Studie durch verschiedene Interventionen wiederholt verzögert worden ist. Obwohl im März 1999 analysiert und erstmals am Meeting der «American Society of Clinical Oncology» im Mai 1999 präsentiert, wurde sie erst im August 2002 publiziert.

Beat Thürlimann

Standpunkte und Meinungen
  • Es gibt zu diesem Artikel keine Leserkommentare.
infomed-screen 7 -- No. 1
Copyright © 2024 Infomed-Verlags-AG
Ovarialkarzinom: Carboplatin-Monotherapie optimal ( 2003)