Niereninsuffizienz verschlechtert Prognose nach Herzinfarkt

  • k -- Shlipak MG, Heidenreich PA, Noguchi H et al. Association of renal insufficiency with treatment and outcomes after myocardial infarction in elderly patients. Ann Intern Med 2002 (1. Oktober); 137: 555-62 [Link]
  • Kommentar: Michel Zuber
  • infomed screen Jahrgang 7 (2003) , Nummer 1
    Publikationsdatum: 1. Januar 2003
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Studienziele

Personen mit Niereninsuffizienz weisen eine erhöhte Inzidenz von kardiovaskulären Ereignissen auf. Eine dialysepflichtige Niereninsuffizienz geht mit einer deutlichen erhöhten Mortalität nach Herzinfarkt einher. In dieser Studie wurde untersucht, wie bei älteren Leuten eine leichte bis mittelgradige Niereninsuffizienz den Verlauf nach Herzinfarkt beeinflusst.

Methoden

Das Studienkollektiv bestand aus über 130’000 Personen im Alter von über 65 Jahren, die in den USA zwischen April 1994 und Juli 1995 ins Spital eingeliefert werden mussten und bei denen unter den Austrittsdiagnosen ein akuter Herzinfarkt aufgeführt war. Es wurden 3 Gruppen gebildet: Personen mit normaler Nierenfunktion (Kreatininspiegel unter 132 µmol/l), mit einer leichten Niereninsuffizienz (Kreatininspiegel zwischen 132 und 212 µmol/l) und mit einer mittelschweren Niereninsuffizienz (Kreatininspiegel zwischen 212 und 345 µmol/l). Danach wurden innerhalb dieser 3 Gruppen Behandlungen und Krankheitsverlauf miteinander verglichen.

Ergebnisse

63% der Untersuchten hatten keine, 28% eine leichte und 8% eine mittelschwere Niereninsuffizienz. Bei den Niereninsuffizienten war der Infarktverlauf im Durchschnitt schwerwiegender als bei den Nierengesunden. Mit zunehmendemMass der Niereninsuffizienz stieg auch das Mortalitätsrisiko: bei Personen mit mittelschwerer Niereninsuffizienz war es im ersten Monat nach Spitalentlassung doppelt so hoch, nach 6 Monaten noch 25% höher als bei den Nierengesunden.
Acetylsalicylsäure und Betablocker wurden bei den Nierengesunden bis zu 20% häufiger verschrieben als bei Niereninsuffizienten; bei den Nierengesunden
war auch die Wahrscheinlichkeit mehr als doppelt so hoch, dass eine Thrombolyse, eine Koronarangiografie oder eine Angioplastie durchgeführt wurde. Auch
nach Berücksichtigung unterschiedlicher Behandlungen und demographischer Faktoren blieb die Niereninsuffizienz statistisch als unabhängiger Risikofaktor bestehen.

Schlussfolgerungen

Bei älteren Personen verschlechtert auch eine leichte bis mittelschwere Niereninsuffizienz die Prognose nach akutem Herzinfarkt; zum Teil mag das dadurch bedingt sein, dass die Therapiemöglichkeiten bei Niereninsuffizienten nicht optimal ausgeschöpft werden.

Beide retrospektiven Artikel sensibilisieren uns auf die Tatsache, dass jeglicher Schweregrad einer Niereninsuffizienz die Infarktprognose drastisch verschlechtert,
was durchaus die Frage berechtigt, warum dieser Hochrisikogruppe eine Reperfusion und spätere Prophylaxe vorenthalten wird. Das rapportierte Alter von teils über 80 Jahren je nach Nierenfunktionsstörung lässt jedoch vermuten, dass die betreuenden Ärztinnen und Ärzte in Anbetracht der fehlenden prospektiven Studien, dem erhöhten Blutungsrisiko und der sicher erhöhten Komorbidität intuitiv zurückhaltend vorgegangen sind, was sich sicher auch in unsere Arbeitsweise übertragen lässt. Ein individuelles Vorgehen beim betagten Kranken sollte jedenfalls unter Berücksichtigung seiner Komorbidität beibehalten und ein kardialer Tod im Verlauf nicht nur als negatives Ereignis wahrgenommen werden.

Michel Zuber

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Niereninsuffizienz verschlechtert Prognose nach Herzinfarkt ( 2003)